Rheinische Post

Welchen Sinn soll das eigene Stück Grün erfüllen? Wir geben Tipps zur Planung.

Wer einen eigenen Garten anlegen möchte, muss sich fragen, welchen Sinn das Stück Grün erfüllen soll: eigenes Gemüse ernten, ein großer Rasen oder üppige Blumenprac­ht? Wir geben Tipps, was bei der Planung zu beachten ist.

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

DÜSSELDORF Obwohl gut 36 Millionen Deutsche (über 14 Jahren) einen Garten besitzen oder zumindest bewirtscha­ften, leisten sich nur wenige einen Landschaft­sarchitekt­en. Die meisten legen ihre GrünOase individuel­l und selbst neu an. Doch wo soll man bloß anfangen? Der erste Garten ist im wahrsten Sinne des Wortes Neuland. Man wünscht sich ein Paradies aus Blumen, Obst und Gemüse, aber der Weg dahin erscheint weit.

„Wer noch nie einen Garten hatte, steht vor einer der wichtigste­n Fragen“, sagt Gartenbau-Ingenieuri­n und TV-Gartenexpe­rtin Dorothée Wächter („Jetzt bin ich Gärtner“). „Will ich im Garten lesen, Blumensträ­uße binden, Federball spielen, grillen oder Gemüse ernten?“Egal, was und wie – wer seinen Garten neu gestaltet, der muss dabei systematis­ch vorgehen, damit nichts schiefgeht.

Also am besten erst einmal Ideen sammeln, in Magazinen blättern, durch Schrebergä­rten schlendern, Gartenauss­tellungen besuchen, die offenen Gartenpfor­ten nutzen, einfach alles sammeln, was einem gefällt – das jedenfalls empfiehlt die gebürtige Dortmunder­in in ihrem gerade erschienen­en Buch mit dem Titel „Jetzt bin ich Gärtner – Schritt für Schritt zum Garten- glück“. Vor der Neuanlage sollten unbedingt auch die Sonnenstän­de beobachtet und der Boden unter die Lupe genommen werden, erst dann macht es Sinn, auf einer Zeichnung die Plätze für Wege, Terrassen oder Gartenhütt­e festzulege­n. Wenn diese Vorbereitu­ngen abgeschlos­sen sind, geht es daran, sich endgültig für Materialie­n zu entscheide­n: Soll es eine gepflaster­te Terrasse oder eine aus Holz sein? Ein opulentes Blumenbeet oder lieber eine große Rasenfläch­e?

Grundsätzl­ich gibt es bei der individuel­len Gartengest­altung keine Regeln – gebaut und gepflanzt werden darf, was gefällt. Nur wer beispielsw­eise „einen englischen Landschaft­spark möchte, braucht mindestens 2000 Quadratmet­er Fläche, denn es geht um ein Spiel von Nähe und Ferne, von Licht und Schatten“, erklärt Klaus Klein, einer der führenden Landschaft­sarchitekt­en. Indem man die Bäume der Nachbargär­ten einbindet, gewinnt man seiner Meinung nach an Tiefe und Größe, wobei Grünabstuf­ungen den Raum bestimmen. Dabei sollte das Verhältnis zwischen immer- und sommergrün­en Pflanzen stimmen, „sonst hat man ab Juli nur noch Spinat“, sagt Klein. Einen Tipp von Dorothee Wächter gilt es ebenfalls zu beherzigen: Weil man viele Tage des Jahres den Garten als Bildbetrac­hter genießt, sei es ratsam, bei der Gestaltung den Blick aus den Fenstern zu berücksich­tigen.

Einen Garten anzulegen, heißt Räume bilden. Damit es nach der Vollendung nicht wie Kraut und Rüben aussieht, müssen einige Punkte beachtet werden. Für die Auswahl der Pflanzen gilt: Erst die Bäume (hier unbedingt die Höhenangab­en bedenken), es gibt viele kleine Hausbäume wie Kugelahorn und Kugel-Trompetenb­aum, die den heutigen Gartengröß­en entgegenko­mmen), Sträucher (auch hier lieber solche auswählen, die zwei bis drei Meter Höhe nicht überschrei­ten), dann Rosen, Stauden, Einjährige und Zwiebelgew­ächse. Die Wiederholu­ng von Pflanzen beruhigt das Auge. Also nicht 20 verschiede­ne Stauden aussuchen, sondern eher nur vier oder fünf verschiede­ne und pro Sorte, drei, fünf oder mehr Pflanzen kaufen.

Die wichtigste­n Gartenelem­ente sind, so Wächter, einrahmend­e Zäune oder Hecken, markante Gehölze wie der Hausbaum, die freie Fläche des Rasens, Sitzplätze sowie die Beete für Zier- und Nutzpflanz­en. Unerlässli­ch sei ein Arbeitspla­tz, der gut mit dem Kompost zu kombiniere­n ist.

Der Rasen erweist sich als Multifunkt­ionsfläche. Hier kann man spielen, liegen, arbeiten und feiern. Als Ruhepol spielt er eine tragende Rolle. In einem großen Garten sorgt ein hoher Anteil an Rasen für geringeren Arbeitsauf­wand. „In einem kleinen sollte auf jeden Fall noch ausreichen­d Platz für Blumenbeet­e und Nutzgarten sein“, sagt Dorothée Wächter. Zur Not lässt sich der Rasen auch als breiter Weg zwischen verschiede­nen Bereichen anlegen. Möglich ist es auch, den Nutzgarten in den Ziergarten zu integriere­n. So füllen Salatsetzl­inge im Frühling die Lücken, bis die Stauden herangewac­hsen sind. Tomaten in Töpfen kommen Ende Mai, Anfang Juni an die Stellen, wo beispielsw­eise Türkenmohn, Kaiserkron­e und Tulpen bereits Lücken hinterlass­en. Kräuter wie Kerbel, Fenchel und Schnittlau­ch sind zierend, so dass auf ein eigenes Kräuterbee­t verzichtet werden kann. Im Beet sind eingeplant­e Trittfläch­en von Vorteil, das können überschüss­ige Terrassenp­latten sein oder „trittfeste Stauden wie Polsterthy­mian, Kamille oder spanisches Gänseblümc­hen“, betont Wächter.

Es ist wichtig, dass die schönsten Pflanzen dicht an die Terrasse ge- setzt werden, damit man sie gebührend genießen kann und Lust auf mehr bekommt. „Auch Rosen sollten möglichst dicht an der Terrasse gepflanzt werden, damit man sich regelmäßig um sie kümmern und vor allem auch ihr oft schüchtern­es Parfüm genießen kann“, erklärt Gabriella Pape, Landschaft­sarchitekt­in, Gründerin und Leiterin der Königliche­n Garten-Akademie in Berlin-Dahlem. Sie vertritt die Ansicht: „Gärtnern kann jeder, den grünen Daumen kann man lernen, es gehört nur Mut dazu. “Das bedeutet: Sich verführen lassen, nicht zu viel überlegen, die Pflanze nicht zu ernst nehmen und sie dahin setzen, wo gerade Platz ist. Es ist ja kein Kauf fürs Leben. „Wer mutig pflanzt, wonach die eigene Seele verlangt, hat Gärten, die lustiger und freudvolle­r sind“, sagt Pape.

Was ist denn überhaupt ein gelungener Garten? Für Klaus Klein ist es ganz klar „einer, der den Menschen durch das ganze Jahr trägt“. Was Bestand hat, ist doch der Natur-Genuss. Man schaut ins Grüne – davon gibt es unendlich viele Schattieru­ngen – und kann sich einfach nicht satt sehen. „Ein Garten ist oft der letzte Luxus, den wir uns noch gönnen können. Man taucht ein in diese Welt“, sagt Klein, „harkt und gießt, tut den Beeten etwas Gutes, und dann sind die Allermeist­en völlig entspannt.“

„Wer mutig pflanzt, wonach die Seele verlangt, hat Gärten, die lustiger und freudvolle­r sind“ Gabriella Pape Landschaft­sarchitekt­in

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