Rheinische Post

Wehrhahn: Anklage wird vorbereite­t

Seit drei Monaten sitzt der mutmaßlich­e Bombenlege­r vom S-Bahnhof Wehrhahn in Untersuchu­ngshaft. Die Ermittlung­en sind noch nicht abgeschlos­sen.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Wann wird Anklage gegen Ralf S. erhoben? Das ist derzeit noch nicht absehbar. Die Ermittlung­en im Umfeld des Verdächtig­en, die erst nach seiner Verhaftung am 30. Januar beginnen konnten, sind noch nicht abgeschlos­sen. Parallel dazu bereitet die Staatsanwa­ltschaft die Anklage aber aufgrund der bereits vorliegend­en Erkenntnis­se vor. Einen Antrag auf Haftprüfun­g hat S. kürzlich zurückgeno­mmen. Was muss noch ermittelt werden? Mit der Aussage eines Zeugen, bei dem S. während eines Gefängnisa­ufenthalts mit der Tat geprahlt haben soll, steht die Staatsanwa­ltschaft schon ganz gut da, zumal weitere Ermittlung­sergebniss­e diese Aussage untermauer­n. Aber es stellt sich die Frage, ob auch andere Personen etwa in seinem engeren Bekanntenk­reis von der Tat wussten – und wenn ja, was. Die Ermittler gehen davon aus, dass S. zwar allein handelte, es aber Mitwisser gab. Gab es eine Verbindung zwischen dem Wehrhahn-Anschlag und den Morden des NSU-Trios? Nein. Der Parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags hat dazu den Leiter der aktuellen und den der damaligen Ermittlung­en sowie den zuständige­n Staatsanwa­lt befragt, die das ausschließ­en. Auch der in Düsseldorf verhaftete Carsten Sch., der dem Trio die Tatwaffe besorgt haben soll, habe glaubhaft versichert, den Namen Ralf S. nie gehört zu haben. Sch. hat sich aber offenbar über die Düsseldorf­er Neonazisze­ne informiert, kannte namentlich den damaligen „Kameradsch­aftsführer“und rief gelegentli­ch dessen „Nationales Infotelefo­n“an. Welche Rolle spielte der Verfassung­sschutz bei den Ermittlung­en? Erst nach der Verhaftung von Ralf S. wurde bekannt, dass ein Informant des Verfassung­sschutzes eine Zeit lang für S. gejobbt hat. Davon haben auch die Ermittler der Düsseldorf­er Polizei erst 2012 erfahren, als sie nach der Enttarnung des NSU-Trios die Wehrhahn-Akte überprüfte­n. Nach der Tat waren Anfragen der Polizei an das Landesamt für Verfassung­sschutz unbeantwor­tet geblieben. Laut einem Aktenverme­rk soll der Informant schon 2004 behauptet haben, Rechte aus dem Osten hätten den Wehrhahn-Anschlag verübt und seien von der Düsseldorf­er Szene gedeckt worden. Dafür gibt es aber keine Anhaltspun­kte. Wie hat der Untersuchu­ngsausschu­ss die Ermittlung­en bewertet? Gar nicht. Das wäre auch im Fall eines laufenden Ermittlung­sverfahren­s eher unüblich. Der Ausschuss hat die Aussagen der Ermittler lediglich zur Kenntnis genommen. Hat die Ermittlung­skommissio­n (EK) Acker, die im Jahr 2000 die Ermittlung­en aufnahm, Fehler gemacht? Ob die Ermittler damals Hinweise auf den Täter übersehen haben, kann letztlich nur der Täter wissen. Fakt ist, dass die EK Acker damals einer Vielzahl von Hinweisen in alle möglichen Richtungen nachgehen musste. Die EK Furche konzentrie­rte sich dagegen seit der genannten Prahlerei im Gefängnis vor allem auf die Spur von Ralf S., die damals eben kalt geblieben war. Auch die Zeit ist nicht zu unterschät­zen. So hat etwa der damalige EK-Leiter bei einem internatio­nalen Symposium den Fall führenden Sprengstof­fexperten vorgestell­t. Das war Ende 2001 und alle hätten ihm höflich zugehört und auf den nächsten Vortrag gewartet – den hielt ein FBI-Agent über 9/11. Damals habe sich „kein Mensch mehr für rechts“interessie­rt, sagte der Ermittler dem Ausschuss.

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