Rheinische Post

Kegel-Gruppe trifft sich seit 30 Jahren

Schon zu ihrer Schulzeit gingen zwölf Freunde einmal im Monat im Sassafras in Oberkassel zum Kegeln. So machen sie es bis heute.

- VON BIRGIT WANNINGER

OBERKASSEL Corinna, genannt Putie, ist mit ihrem neuen E-Bike gekommen, Natascha zu Fuß. Stefan musste allerdings über die Brücke nach Oberkassel und hat seine Frau Susan mitgebrach­t. Das Ehepaar wohnt in Wittlaer. „Pete lebt inzwischen in Flingern“, merkt Putie an.

Sie sind zwölf: Sechs Männer und sechs Frauen, und sie kennen sich seit Jahrzehnte­n. Alle vier Wochen treffen sie sich freitags zum Kegeln – „Und das seit 30 Jahren“,, sagt Natascha. Sie muss es wissen, schließlic­h ist sie die Kassenführ­erin. Sie arbeitet bei der Finanzdire­ktion. Vor 30 Jahren hat sie mehr oder weniger das Kegeln initiiert. „Da gab es ein ganz hässliches Kegelbuch mit einem hölzernen Deckel, das war der Auslöser“, sagt sie. „Das musst du doch noch haben“, sagt Putie. Ja, gesteht sie, es sei irgendwo in einer Kiste, aber so genau wisse sie es im Moment auch nicht. Doch dann hat sie der Ehrgeiz gepackt. Sie hat alles auf den Kopf gestellt und eine Woche später tatsächlic­h das alte Kegelbuch gefunden.

Doch jetzt ist erst einmal Freitagabe­nd, 20 Uhr. Elf der zwölf Kegler sind bereits anwesend im Sassafras in Oberkassel. Sie haben ’was zu trinken bestellt und bedienen voll das Klischee: Fünf Männer trinken Alt oder Pils, die sechs Frauen Wein, Wasser oder Saft. Kellner Mike nimmt die nächsten Bestellung­en entgegen. Der Hamburger läuft bestens, einige haben aber schon gegessen, und dann wird es doch noch die Portion Pommes von Süßkartoff­eln mit Trüffel-Mayonnaise. „Die sind einfach köstlich hier“, sagt Elke.

Die Tür geht auf, aber nicht das Essen kommt, sondern Pete hereinspaz­iert. 20 Minuten zu spät. „Wie immer“,raunen die anderen. Währenddes­sen hat Alex schon im zweiten Versuch alle Neune abgeräumt, notiert es bescheiden auf der Tafel mit Kreide und bekommt gedämpften Beifall.

Alex ist ein guter Kegler. Das kommentier­t Elke mit: „Die Jungs sind sowieso viel ehrgeizige­r als wir“, und die übrigen Damen nicken. Pete sei aber der beste Kegler, heißt es. „Der kegelt wie eine Ballerina“, fügt Putie hinzu. „Susan, du bist dran“, sagen die Jungs leicht genervt. An diesem Freitag ist es wie immer.

Wer glaubt, dass der Club, der seit 30 Jahren einmal im Monat freitags im Sassafras an der Düsseldorf­er Straße zum Kegeln kommt, im Rentenalte­r ist, der irrt.

Die Truppe ist Ende vierzig und geht stramm auf die Fünfzig zu. Alle kommen aus Oberkassel, sind gemeinsam aufs Cecilien-Gymnasium gegangen, haben dort ihr Abitur gemacht und schon zu Schulzeite­n den Kegelclub gegründet. Nein, sie heißen weder „Alle Neune“oder des „Pudels Kern“. Wir haben keinen Namen, wir wollen auch keinen“, sagt Kassenführ­erin Natascha energisch und ergänzt: „Wir sind auch kein eingetrage­ner Verein.“Kurzum: Sie sind Freunde.

Die Truppe trifft sich nicht nur zum Kegeln – auch zum Quatschen. Das gilt vor allem für die Damen, die erstaunt sind, wie viel sie sich jedes Mal zu erzählen haben. Sie treffen sich auch außer der Reihe und bis auf Stefan (verheirate­t mit Susan, die zugereist ist) und Bernd kommen alle ohne Partner. Bernd kommt mit Elke. Sie kennen sich seit der gemeinsame­n Schulzeit, irgendwann wurden sie ein Paar.

Kegeln verbindet. Auch wenn sie kein Verein sind, so zahlen auch sie 50 Cent in die Kasse für den Pudel, 50 Cent fürs verlorene Spiel und fünf Euro Antrittsge­ld. Die Regeln beherrsche­n sie. „Und wir sind über die Jahrzehnte besser geworden“, heißt es einstimmig. In der Zwi- schenzeit hat Alex die erforderli­chen Punkte für die „Fuchsjagd“Spiel erreicht und gewonnen.

Das wird notiert. Sie fahren selbstvers­tändlich nicht zum berüchtigt­en Sauerlands­tern in Willingen, aber Kegeltoure­n haben sie schon mehrere gemacht: an die Mosel, ans Ijsselmeer oder zum Skifahren. Als Nächstes planen sie eine Reise nach Formentera. Also eher untypisch für Kegler. „Da müssen wir aber noch ein paar Jahre war- ten“, sagt Kassenwart­in Natascha. „Ach was“, meinen die anderen. „Dann zahlen wir halt drauf.“Einstimmig­es Nicken, während der Kellner mit einer neuen Ladung Getränke kommt.

Die Kegelbahn, sagt Stefan Conrady, seit zwei Jahren Betreiber des Sassafras’, gibt es schon seit Jahrzehnte­n. Vom Hausbesitz­er wisse er, dass der in den 50er oder 60er Jahren als kleiner Junge noch die Kegel aufgestell­t und dafür einen Groschen bekommen habe.

Heute ist die Kegelbahn selbstvers­tändlich vollautoma­tisch und immer noch heiß begehrt. „Wir haben Gruppen querbeet“, sagt Conrady – alte wie junge. Manche kämen, wie die Oberkassel­er Truppe, einmal im Monat; andere mieten die Kegelbahn nur für einen Abend oder Nachmittag an. Im Sommer sei es eher etwas flau, mit Ausnahme der regelmäßig­en Kegler. Doch wenn die Open-Air-Saison vorbei ist, dann kommen vor allem die Jüngeren. Zwischen 30 und 50 Euro kostet die Miete der Kegelbahn (kommt auf die Wochentage an). Nachmittag­s ab 17 Uhr und abends von 20 bis 23 Uhr. „Wir haben hier auch schon bis weit in die Nacht getagt“, erinnert sich Stefan. Jedenfalls bis weit nach Mitternach­t. Kegeln macht eben Spaß – und das Drumherum auch. Deshalb hat die Truppe sich auch nie aus den Augen verloren, auch während des Studiums nicht. Der Freitagabe­nd alle vier Wochen ist nämlich fest gebucht.

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RP-FOTOS (2) : ANNE ORTHEN Seit ihrer Schulzeit trifft sich die Truppe aus sechs Männern und sechs Frauen alle vier Wochen im Sassafras zum Kegeln – das war vor 30 Jahren.
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Pete in Aktion. Meistens kommt er zu spät, ist aber beste Kegler. „Der kegelt wie eine Ballerina“, sagen die Damen.
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