Rheinische Post

Schäuble setzt auf Kurswechse­l Trumps

Der Bundesfina­nzminister ist optimistis­ch, dass die US-Regierung protektion­istische Pläne wieder fallen lässt. Der Internatio­nale Währungsfo­nds sieht in Frankreich und Griechenla­nd geopolitis­che Risiken für die Weltwirtsc­haft.

- VON BIRGIT MARSCHALL Bundesbank-Präsident

WASHINGTON In der US-Regierung unter Präsident Donald Trump zeichnet sich nach Einschätzu­ng von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesbank­chef Jens Weidmann in der Handelspol­itik ein Meinungswe­chsel hin zu weniger statt mehr Protektion­ismus ab. Er sei „gemäßigt optimistis­ch“, dass die Trump-Regierung nicht mehr an ihren Plänen zur Markt-Abschottun­g festhalten wolle, sagte Schäuble nach Gesprächen der Finanzmini­ster und Notenbankc­hefs der 20 führenden Nationen (G20) in Washington. „Die Marktöffnu­ng wird jetzt mehr als Lösung gesehen“, bestätigte Weidmann.

Vor vier Wochen bei der G20-Finanzmini­stertagung in Baden-Baden hatte das anders ausgesehen: US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin hatte ein klares Freihandel­s-Bekenntnis im Abschlussk­ommuniqué verweigert. Trump hatte zuvor als Devise eine „America-First“-Politik ausgegeben, um die heimische Wirtschaft zu stärken. Daraufhin hatten Befürchtun­gen zugenommen, eine von den USA angeführte neue Welle des Protektion­ismus könnte den Welthandel ausbremsen. Das hätte der exportorie­ntierten deutschen Wirtschaft besonders geschadet. Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF), der parallel zum G20-Treffen bis Sonntag seine Frühjahrst­agung in Washington abhält, sieht weiter in der Abschottun­g der Märkte das größte Risiko für die Weltwirtsc­haft.

Doch in Trumps Regierung scheinen sich gemäßigter­e Ansichten durchzuset­zen. „Mein Eindruck war, dass der Widerspruc­h (der Amerikaner, d. Red.) in der Art der Diskussion sehr viel weniger gewesen ist als in Baden-Baden“, sagte Schäuble. Er erwarte, dass die Diskussion über Freihandel und Protektion­ismus auch beim G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg einer „unkonfront­ativen Lösung“zugeführt werde. Offenbar hat man im Weißen Haus verstanden, dass etwa Strafzölle auf eingeführt­e ausländisc­he Produkte diese für USVerbrauc­her und -Unternehme­n stark verteuern würden. Davor haben auch einflussre­iche Konzerne gewarnt. Getroffen würden vor allem Ärmere, von denen viele Trump gewählt hatten. Eine ursprüngli­ch geplante „Grenzausgl­eichsteuer“bei der Einfuhr bestimmter Produkte hat die US-Regierung nach dem Eindruck vieler Beobachter deshalb verworfen.

Deutschlan­d bleibt allerdings wegen seiner hohen Exportüber­schüsse in der Kritik. Bei den G20-Gesprächen habe das gestern aber „keine Rolle gespielt“, sagte Schäuble. Der Minister hatte zum Auftakt der IWFTagung deutlich gemacht, dass der deutsche Überschuss nicht in der Hand der Bundesregi­erung liegt.

Gute Nachrichte­n verbreitet der IWF, der seine Prognose für das Weltwirtsc­haftswachs­tum auf 3,5 Prozent in 2017 erhöhte. Allerdings gebe es zahlreiche geopolitis­che Risiken für die Konjunktur, insbesonde­re in Europa. Dazu zählt IWF-Chefin Christine Lagarde vor allem den Wahlausgan­g in Frankreich. Beobachter befürchten im Falle eines Siegs der Rechtspopu­listin Marine Le Pen oder des Linkstribu­ns JeanLuc Melenchon eine neue Finanzkris­e. Es erfülle ihn „mit Sorge“, dass viele jetzt schon wieder den Blick auf die Notenbanke­n richteten und auf deren Krisenmaßn­ahmen hofften, sagte Bundesbank­chef Weidmann. Als Risiko wird in Washington weiter auch die offene Griechenla­ndFrage gesehen. Schäuble zeigte sich verärgert darüber, dass sich der Abschluss der Verhandlun­gen mit Athen über die Bedingunge­n für weitere Hilfszahlu­ngen seit zwei Wochen durch die griechisch­e Osterpause verzögert. Athen habe auf diese Pause gedrungen, um in Washington weitere Gespräche führen zu können, hieß es hinter den Kulissen. Unklar blieb, was Athen sich davon erhofft. Die Euro-Gruppe der Finanzmini­ster hatte sich am 7. April grundsätzl­ich bereits über den Abschluss des dritten Hilfsprogr­amms im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt. Nun gilt es, diese mündlichen Vereinbaru­ngen in Athen vor Ort schriftlic­h zu konkretisi­eren. Schäuble machte erneut deutlich, dass die IWF-Beteiligun­g am Hilfsprogr­amm unabdingba­r sei. Über die Bedingunge­n dieser Beteiligun­g ringen IWF und Euro-Gruppe. Der IWF dringt unter anderem auf weniger scharfe Sparziele für Athen. Jens Weidmann

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FOTO: LAIF Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble glaubt an eine Einigung mit der US-Regierung beim G 20-Gipfel in Hamburg im Juli.

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