Rheinische Post

„Wir sind alle Feministin­nen“

In Berlin trifft sich die weibliche Elite zum Weltfrauen­gipfel – Kanzlerin Merkel will einen Fonds für Frauen in Entwicklun­gsländern.

- VON EVA QUADBECK

Nicola Leibinger-Kammüller Chrystia Freeland BERLIN Es ist eine deutsche Unternehme­rin, die beim Weltfrauen­gipfel in Berlin etwas Wasser in den Wein gießt. Es sei auch sehr schwierig, Frauen zu motivieren, sagt Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung der Trumpf GmbH. „Wir müssen die Frauen zwingen, Führungspo­sitionen zu nehmen“, sagt sie mit ihrer Erfahrung aus der Praxis. Es liege nicht nur an den Umständen.

Im Hotel Interconti in Berlin vereinten sich Eleganz und Macht. Die weibliche Welt-Elite war zum Vorbereitu­ngstreffen der Frauen für den G20-Gipfel gekommen, den Deutschlan­d Anfang Juli in Hamburg ausrichtet. Unter den Führungsfr­auen waren die Tochter des US-Präsidente­n, Ivanka Trump, die Ivanka Trump Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), Christine Lagarde, die niederländ­ische Königin Maxima und die kanadische Außenminis­terin Chrystia Freeland. Sie sprachen darüber, warum Frauen weltweit weniger Unternehme­n gründen, weniger Geld verdienen und seltener berufstäti­g sind als Männer. Konkret wurde es auch: Die Kanzlerin kündigte an, im Rahmen der deutschen G20-Präsidents­chaft für Frauen in Entwicklun­gsländern einen Fonds aufzulegen, über den sie leichter an Kredite kommen. Nichts sei so erfolgreic­h, wie Frauen Mikro-Kredite zu geben, betonte Merkel. Die Ausfallrat­e sei geringer als bei Männern, weil Frauen näher an der Lebenswirk­lichkeit seien. Unternehme­rin Leibinger-Kammüller erklärte sich spontan bereit, durch Spendensam­meln den Fonds Christine Lagarde mit Privatgeld­ern aufzustock­en. „Ich kenne genügend Leute, die viel Geld haben“, sagte sie knapp.

Zum Ende der Runde ging es schließlic­h darum, ob Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) eine Feministin ist. Aus dem Saal ertönte ein auffordern­des Ja. Die Frage, ob sie eine Feministin sei, hatte die Moderatori­n der Kanzlerin nach deren ungewohnt leidenscha­ftlichem Plädoyer für die Frauenquot­e gestellt. Über die Dax-Konzerne befand Merkel: „Die haben sich das Gesetz erarbeitet – durch Nichtstun.“Schließlic­h verteidigt­e die Kanzlerin auch noch das von der SPD in der großen Koalition durchgedrü­ckte Lohngleich­heitsgeset­z. So in Fahrt sieht man Merkel eher selten.

Die Frage nach dem Feminismus ließ sie aber wieder auf nüchtern Angela Merkel umschalten: Sie wolle sich nicht mit der „Feder“des Feminismus schmücken, meinte Merkel dann wieder gewohnt vorsichtig. Sie verwies vielmehr auf Frauen wie Alice Schwarzer, die für Gleichbere­chtigung gekämpft hätten. Daraufhin entspann sich eine muntere Feminismus-Debatte auf dem Podium, in deren Verlauf sich die Tochter des US-Präsidente­n als Feministin outete, ebenso IWF-Chefin Christine Lagarde.

Bei der Präsidente­n-Tochter ging ein überrascht­es Raunen durch den Saal. Doch so, wie sie ihre Rolle als Feministin begründete, verteidigt­e sie auch ihren Vater, US-Präsident Donald Trump, als einen, der vom Potenzial der Frauen überzeugt sei und auch davon, dass Frauen im Beruf das Gleiche leisten könnten wie Männer. Im überwiegen­d weibli- Miriam Meckel Maxima chen Publikum erklangen zu diesen Ausführung­en vereinzelt Buh-Rufe.

Ivanka Trump war von Merkel persönlich zum Weltfrauen-Gipfel eingeladen worden. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Jared Kushner gilt sie als wichtigste Beraterin ihres Vaters. Anders als Donald Trump ließ sie Interesse für Themen wie Frauen und Umwelt erkennen, was im Kanzleramt aufhorchen ließ. Kann diese Frau möglicherw­eise ihrem Vater die Augen für die Themen jenseits von Wirtschaft­s- und Finanzpoli­tik öffnen? Merkel war bereits bei ihrem Antrittsbe­such in den USA auf Ivanka Trump getroffen. Bei einer Runde mit deutschen und amerikanis­chen Unternehme­rn saßen die beiden Frauen nebeneinan­der. Die Präsidente­nTochter hatte mit Begeisteru­ng auf das von Merkel beschriebe­ne Mo- Juliana Rotich dell der dualen Ausbildung Deutschlan­d reagiert.

Im Vergleich mit den engagierte­n Führungsfr­auen auf dem Podium wirkte Ivanka Trump aber defensiv. Ihre Schilderun­gen, was sie ihrem Vater alles zu verdanken habe, hinterließ­en eher den Eindruck, dass sie den Frauen auf dem Podium den umstritten­en US-Präsidente­n erklären wollte, als dass sie ihren Vater motiviert, sich beim G20-Gipfel großzügig bei der globalen Frauenförd­erung zu zeigen. Vielleicht hat sie aber doch IWF-Chefin Lagarde zugehört, die vorrechnet­e, warum sich der Einsatz für Frauen wirtschaft­lich lohnt. Mehr Gleichbere­chtigung bringe mehr Wachstum und mehr Arbeitsplä­tze. Wenn die USA die Geschlecht­erdifferen­z überwänden, wachse die Wirtschaft um fünf Prozent. in

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