Rheinische Post

Auch die SPD will die gehobene Mitte entlasten

Der Spitzenste­uersatz greift aus Sicht von Parteichef Martin Schulz zu früh schon bei vielen Facharbeit­ern, Angestellt­en und Beamten.

- VON BIRGIT MARSCHALL

DÜSSELDORF/BERLIN In der SPD mehren sich die Anzeichen dafür, dass sie in ihr Wahlprogra­mm auch eine Steuerentl­astung für die Bezieher höherer mittlerer Einkommen aufnimmt. Auch Facharbeit­er, Angestellt­e und Beamte „im mittleren bis gehobenen mittleren Einkommens­segment“mit einem Durchschni­ttsverdien­st „von 4500 Euro brutto monatlich“müssten steuerlich entlastet werden, sagte der SPD-Vorsitzend­e Martin Schulz am Montagaben­d auf dem Podium des Düsseldorf­er Ständehaus-Treffs.

Schulz lässt zurzeit von einer Arbeitsgru­ppe unter Leitung des hessischen SPD-Vorsitzend­en Thorsten Schäfer-Gümbel und des nordrhein-westfälisc­hen Finanzmini­sters Norbert Walter-Borjans ein Steuerkonz­ept für den Wahlkampf erarbeiten. Die Arbeitsgru­ppe entwickelt dem Vernehmen nach verschiede­ne Optionen unter anderem für Veränderun­gen im Einkommens­teuertarif. Die Entscheidu­ng darüber, welcher er den Vorzug gibt, ob- liegt dem Parteivors­itzenden ebenso wie der weitere Zeitplan. Bis zum 23. Mai können Anträge für den am 25. Juni folgenden SPD-Bundespart­eitag eingebrach­t werden, auf dem Schulz sein Regierungs­programm präsentier­en will.

Teil des SPD-Programms dürfte auch ein Steuernach­lass für die etwas höheren mittleren Einkommen sein, wie Schulz in Düsseldorf deutlich machte. Im Steuerjahr 2017 wird der Spitzenste­uersatz von 42 Prozent für Ledige ohne Kinder bereits ab Jahreseink­ommen von knapp 54.000 Euro fällig – beziehungs­weise bei zwölf Monatsgehä­ltern von 4500 Euro. Der Spitzensat­z könnte also unter einem Kanzler Schulz künftig erst bei höheren Verdienste­n oberhalb der bisherigen Marke greifen. Allerdings zielt die SPD vor allem darauf, die unteren Einkommens­bereiche zu entlasten.

„Leute, die bis zu einer Größenordn­ung, sagen wir mal von 45.000, 50.000, 52.000 Bruttoeink­ommen (haben, d.Red.), sollten keinen Spitzenste­uersatz zahlen müssen. Das heißt, wir wollen natürlich eine Ent- lastung in diesem Bereich erreichen“, sagte Schulz in Düsseldorf. Grundvorau­ssetzung sei allerdings, dass dies finanzierb­ar sei.

Zur Gegenfinan­zierung denkt der Kanzlerkan­didat über eine „Mehrbelast­ung“nach, „die wir in anderen Bereichen erreichen müssen, also Spitzenste­uersatz für diejenigen, die ihn sich tatsächlic­h leisten können“. Schulz deutete damit eine Anhebung des Spitzensat­zes für höhere Einkommen an, ohne darauf konkreter einzugehen. „Bevor ich dazu die Karten auf den Tisch lege, will ich seriös durchgerec­hnete Modelle haben.“Er könne verspreche­n, dass er den öffentlich­en und privaten Investitio­nsrückstau unter anderem durch „steuerlich­e Begünstigu­ngen“anschieben wolle. Unternehme­n, die in Forschung investiere­n, müssten steuerlich entlastet werden. Zudem „müssen wir bei Übertragun­gen von Milliarden­vermögen steuerlich ansetzen“, sagte Schulz. Hier denkt der SPD-Chef an eine höhere Erbschafts­teuer. Zudem „müssen wir über die Frage der Abgeltungs­teuer reden“, sagte er.

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