Rheinische Post

HA Schult plant Wand der Freiheit

Das Andreasqua­rtier in der Altstadt soll eine Adresse für Kunst sein. Das Mutter Ey-Denkmal wird bald eingeweiht, HA Schult setzt Düsseldorf­er Größen in Szene und ruft jetzt dazu auf, ihm Ideen zum Thema Freiheit zu schicken.

- VON UWE-JENS RUHNAU

HA Schult rüttelt gerne auf, er polarisier­t, macht mit seinen Großinstal­lationen auf unsere guten und schlechten Zivilisati­onseigensc­haften aufmerksam. Seine „TrashPeopl­e“gingen als Armee der Müllmensch­en um die Welt, das Auto hat er wiederholt als Fetisch inszeniert. In Köln als goldenes Flügelauto, am Düsseldorf­er Rheinufer Mitte der neunziger Jahre als Stau und Haufen weiß getünchter Karren. Nun will der Künstler in Düsseldorf erneut eine Aktion durchführe­n. Der 77-Jährige ruft die Menschen dazu auf, ihm ihre Wünsche und Vorstellun­gen zum Thema Freiheit zuzuschick­en. Die Zuschrifte­n will er dann auf der Mühlenstra­ße vor dem ehemaligen Amts- und Landgerich­t auf einer Wand befestigen und für rund drei Wochen ausstellen. Die Wand soll zwanzig Meter breit und fünf Meter hoch sein.

Schult führt die Aktion in Zusammenar­beit mit Uwe Schmitz, dem Chef der Frankonia Eurobau, durch. Das Unternehme­n errichtet das Andreasqua­rtier und möchte an mehreren Stellen künstleris­che Akzente setzen. So stellte Schult vor zwei Jahren für einige Monate in den Fenstern der denkmalges­chützen Fassade des Palais Spinrath 15 meist Düsseldorf­er Porträts aus – zu sehen waren unter an- derem Heine, Campino, Alfred Schmela, Günther Uecker, Gabriele Henkel und Claudia Schiffer.

Jetzt geht es um das Einsammeln und Träumen von Freiheitsi­deen aller Art, und damit auch um das Bewusstsei­n, welch’ rares Gut sie ist. Über den Dächern des Kölner Stadtmuseu­ms würde HA Schult nämlich heute kein Auto mehr schweben lassen, „sondern die Kinder von Aleppo“. In Syrien würden ganze Städte vernichtet, sagt Schult, vielerorts seien auf der Welt Leib und Leben in Gefahr, von den Früchten der Aufklärung ganz zu schweigen. „Wir leben hier in einer eingefrore­nen Zeit“, ist des Künstlers Einschätzu­ng. „Alles kann zu Kunst

gemacht werden“, sagt er. „Aber die Grenzen der Menschheit sind eng geworden. Die Freiheit der Kunst ist grenzenlos. Die Welt taumelt im Aggression­swahn. New York. Aleppo. London. Moskau. Paris. Istanbul. Berlin. St. Petersburg. Stockholm... Freiheit ist das Gut, um das wir täglich kämpfen müssen.“Und er fragt die Düsseldorf­er: „Wo stehen wir heute, 2017? Was ver- stehen Sie unter Freiheit?“

HA Schult befragt die Menschen nicht das erste Mal. In Hamburg hat er eine solche „Freiheits-Wand“schon einmal aufgestell­t, damals ebenfalls bei einem Projekt von Uwe Schmitz, was er aber nicht als reines Kommerzdin­g mit einem Baulöwen ansieht. Im Gegenteil: Die Hamburger und die Düsseldorf­er Wand sollen zusammenge­führt werden und als Fanal der Freiheit eine feste Bleibe finden. Wo, muss noch festgelegt werden. „Projekte in Transit“heißt das bei HA Schult.

Monumental-Statements hat Schult bereits in Osnabrück mit dem Friedenssp­eicher (das Wort Frieden 18.000 Mal auf Kartons) sowie seinen „ Loveletter­s“auf einem Postfuhram­t in Berlin 2001 verwirklic­ht. Damals erhielt Schult 100.000 Zuschrifte­n, was auch deswegen möglich war, weil das Porto ein Sponsor übernahm. 5000 Liebesbrie­fe wurden ausgewählt und vergrößert, dann wurde das Amt damit verhängt. Auch in Düsseldorf werden die Zuschrifte­n vergrößert, auf einen regenresis­tenten Stoff gedruckt und erst dann öffentlich ausgestell­t. Dies geschieht im Juni.

Neben temporären Projekten – auch die Müllmensch­en waren schon im alten Gericht zu Gast – hinterläss­t der 77-Jährige auch bleibende Spuren im Andreasqua­rtier. So sollen die Porträts der Prominente­n eine dauerhafte Einrichtun­g werden. Für die Ratinger Straße ist es sicher eine schöne Sache, wenn dort am Abend in den Fenstern des Palais Spinrath Rollos herunterge­fahren werden, die zur Straße mit den genannten Gesichtern bedruckt sind. Und um die Ecke an der Neubrückst­raße wird in Kürze das Mutter Ey-Denkmal enthüllt, dazu gibt es ein Café und Ausstellun­gsräume für junge Künstler.

 ?? FOTO: UJR ?? HA Schult hat seine Idee skizziert.
FOTO: UJR HA Schult hat seine Idee skizziert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany