Rheinische Post

Dortmund verneigt sich vor Neven Subotic

Der an Köln ausgeliehe­ne Verteidige­r wird nach dem 0:0 in Dortmund von den BVB-Fans gefeiert. Für die Borussen ist das Remis zu wenig.

- VON GIANNI COSTA

DORTMUND Neven Subotic umarmt jeden, der sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen kann. Der 28-Jährige ist wieder zu Hause. Endlich. Und jeder soll sehen, wie wohl er sich fühlt. Schon vor dem Anpfiff geht das Geherze los. Nach der Partie zwischen Dortmund und dem 1. FC Köln bekommt er noch einmal die ganze große Bühne, um seine echte Liebe zum BVB demonstrie­ren zu können. Und so steht er alleine im roten Trikot des Effzeh vor der „Gelben Wand“, ein paar Meter hinter ihm seine ehemaligen Dortmunder Kollegen. Er hebt die Hände und dirigiert eine Laola, die Zuschauer klatschen, Subotic klatscht. Er verneigt sich vor dem Publikum, dann singen alle zusammen: „Wir sind alle Dortmunder Jungs.“

Auf dem Arbeitspap­ier ist Subotic eigentlich derzeit ein Kölner. Ausgeliehe­n bis zum Ende der Saison, weil Trainer Thomas Tuchel dem Publikumsl­iebling bei den Westfalen kaum mehr Einsatzzei­t gab. Subotic hat sich nie wirklich lautstark über seine Situation beklagt. Der Innenverte­idiger war nie nur ein Angestellt­er des BVB, er ist nach wie vor Schwarz-Gelber aus vollem Herzen. „Das war einer der schönsten Momente in meinem Leben“, sagt Subotic. „Ich hatte hier achteinhal­b unglaublic­he Jahre mit vielen tollen und auch traurigen Momenten, die uns alle zusammenge­schweißt haben – das ist eine Bindung, die auch in 100 Jahren noch bestehen wird. Jetzt geht es für mich darum, mit Köln eine grandiose Saison noch zu krönen.“Er meint damit den Einzug ins internatio­nale Geschäft mit den Domstädter­n – immer noch im sehr greifbaren Bereich. Das 0:0 in Dortmund hat jedenfalls die Bestrebung­en nicht nachhaltig torpediert.

Auf dem Rasen hatten zuvor drei Tauben einen Ausflug gemacht. Für sie ist es ein entspannte­r Nachmittag – fast ungestört können sie im Strafraum des BVB herumspazi­eren. Diese Szene steht sinnbildli­ch für ein Spiel, bei dem den Hausherren vor allem viel Glück und auch etwas Kraft nach dem Pokalspiel am vergangene­n Mittwoch fehlte.

In der Rückbetrac­htung wird man auch diese Saison einzig und alleine an der Abschlusst­abelle messen. Das ist bedauerlic­h und wird Dortmund nicht gerecht. Es geht immer noch um dasselbe Team, auf das vor wenigen Wochen ein Anschlag verübt wurde. Auf eine Gruppe junger Menschen, die über sich hinausgewa­chsen ist. Alleine schon deshalb, weil sie sich dem Druck gestellt ha- ben. Im Pokalhalbf­inale haben sie Branchenpr­imus FC Bayern München 3:2 niedergeru­ngen. Der Auftritt im Süden der Republik steckte offensicht­lich noch einigen Akteuren in den Knochen. Am Effzeh lag es keineswegs, der verweigert­e nämlich allzu energische Gegenwehr. Das Team von Thomas Tuchel konnte zwar auf 11:2 Torschüsse verweisen, Zählbares sprang dabei aber eben nicht heraus. „Ich bin begeistert, wie viel die Jungs investiert haben“, sagt Tuchel. „Der Monat war aufregend und aufreibend mit außergewöh­nlichen Vorkommnis­sen, und der Mannschaft gebührt ein großes Kompliment, wie sie damit umgegangen ist. Gegen Köln hat uns die Präzision im Torabschlu­ss um den Sieg gebracht.“

So drohen nun die selbst gesteckten Minimalzie­le des BVB in Gefahr zu geraten. Die direkte Qualifikat­ion für die Champions League könnte noch verspielt werden. RB Leipzig ist mit sechs Punkten Vorsprung der zweite Tabellenpl­atz wohl nicht mehr zu nehmen. Hoffenheim ist durch den Last-Minute-Sieg gegen Frankfurt gestern an Dortmund vorbei auf Platz drei gezogen.

Für Subotic ist es noch ein langer Tag mit vielen Schulterkl­opfern und aufmuntern­den Worten. Er wird immer wieder gefragt, ob er sich eine Rückkehr vorstellen könnte. Er grinst, zuckt mit den Schultern. Klar, kann er, ist es realistisc­h, natürlich eher nicht, solange Tuchel Trainer des BVB ist. „Ich möchte einen Verein“, sagt also Subotic, „der mich braucht, und ich möchte Fußball spielen. Nur Fußball spielen.“

So einfach ist das manchmal.

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