Neuer Anlauf im Fall Niklas
Die Staatsanwaltschaft will den Fall um den getöteten 17-Jährigen noch lösen.
BONN Nach dem Freispruch im Prozess um den Tod des verprügelten Schülers Niklas sucht die Staatsanwaltschaft nach neuen Ermittlungsansätzen. „Wir werden die Akte und die komplette Hauptverhandlung auswerten und dann sehen, ob und was noch zu machen ist“, sagte Sprecher Robin Faßbender. In welche Richtung die Ermittlungen gehen, will er nicht sagen. „Wir hoffen, dass irgendwo etwas schlummert, wo wir ansetzen können.“Der Prozess war am Mittwoch zu Ende gegangen. Das Bonner Landgericht hatte den Angeklagten freigesprochen, weil es Zweifel an der Täterschaft hatte. Der 21-Jährige Walid S. hatte die Tat stets bestritten.
Der Düsseldorfer Strafrechtler Udo Vetter unterstützt die Entscheidung des Richters. Es habe nicht genügend Beweise gegen den Angeklagten gegeben. „Für die Mutter ist es natürlich schmerzlich“, sagt der Anwalt. „Aber es war richtig und mutig vom Richter, sich nicht von der öffentlichen Meinung treiben zu lassen.“
Gehen weder Staatsanwaltschaft noch Nebenklage, die Mutter von Niklas, in Revision, werde das Urteil innerhalb von einer Woche rechtskräftig. „Ist dies der Fall, kann Walid S. nur im sehr unwahrscheinlichen Fall noch einmal für diese Tat vor Gericht kommen“, sagt Vetter. Denn zu einer Wiederaufnahme käme es in der Regel nur zugunsten des Angeklagten. Ausnahmen gebe es nur, wenn Urkunden nachweislich gefälscht wurden, Zeugen vorsätzlich falsch aussagten oder ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt werde.
Vetter glaubt, dass die Bonner Staatsanwaltschaft Walid S. nach dem Freispruch als neuen Zeugen vernehmen wird. „Als Angeklagter hatte er das Recht zu schweigen“, so der Strafrechtler. Vielleicht könne der 21-Jährige nun aber zum Aussagen verpflichtet werden. Zudem könnte die Staatsanwaltschaft laut Vetter versuchen, die bereits verhörten Zeugen doch dazu zu bringen, die Wahrheit über die Tatnacht zu sagen. Denn auch Faßbender kritisiert das Verhalten vieler Zeugen in dem Verfahren. „Wenn wir es schaffen, diese Phalanx aus Lügen und Schweigen zu durchbrechen, dann kommen wir weiter“, sagt er.