Rheinische Post

Rollenspie­le mit Pigor und Eichhorn

Das Berliner Chanson-Duo gastiert mit neuem Programm im Kom(m)ödchen.

- VON DOROTHEE KRINGS

In einer Woche ist es so weit. Dann erweist sich für einen Teil der Bevölkerun­g, ob sich die Plackereie­n des Alltags gelohnt haben. Wenn Pigor davon singt, hockt er auf dem Flügel, sackt in sich zusammen, bekommt erst Falten im Gesicht, dann Runzeln auf der Stimme – er wird zum greisen Ömchen, das auf den Muttertags­anruf der Kinder wartet. Oder den Blumenbote­n, der zumindest könnte noch kommen.

Chansonnie­r Thomas Pigor und Pianist Benedikt Eichhorn machen gerade Station im Kom(m)ödchen mit ihrem neuen Programm „Volum 9“, das in Düsseldorf noch den Zusatz „Versuch und Irrtum“trägt, denn die offizielle Premiere ist erst in wenigen Tagen. Großartig bissige Songs haben die beiden wieder aus der Gegenwart gegriffen. Sie laden ein zum „Bärte zählen in Mitte“, frotzeln über die Hippster in veganen Berliner Cafés oder lümmeln sich mit Langhaar-Perücke auf der Bühne, um das Gammeln zu besingen, das offensive Nichtstun der Hippies. Pigor hat das Rollenspie­l für sich entdeckt, „es gibt jetzt mehr theatrale Elemente“, bemerkt er ironisch. In den politische­n Liedern ist aber auch der alte Pigor zu erleben, wie er sich in Rage singt und stampft, gegen den Nationalis­mus wettert und gegen den Patriotism­us, der doch „Nationalis­mus light“sei.

„Pigor & Eichhorn“sind Aufklärer alter Schule, die vor Religion nicht haltmachen. „Gott ist tot“heißt eines ihrer Lieder, das Publikum muss sich bekennen: Atheisten dürfen einstimmen, Gläubige mit „Gott ist nicht tot“dagegenhal­ten. Eine Nummer singt Pigor in eine Burka gehüllt, um beim Umkleiden zu erklären, er sei gegen ein Burka-Verbot – aber dafür, die Burka lächerlich zu machen.

Dieses Chanson-Duo ist nie gefällig. Es beharrt auf der Pflicht, kritisch zu denken, und macht stur Lieder für ein Publikum, das nicht nur Brecht kennt, sondern auch die Maläste mit den Brecht-Erben. Und das ist trotzdem nie belehrend, sondern schlicht: geistvolle Unterhaltu­ng.

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FOTO: THOMAS NITZ Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn (v.l.).

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