Rheinische Post

Literatur-Exzesse mit 30 Lesungen rund um den 31. Bücherbumm­el

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Es soll zwar nur ein Vorgespräc­h zum neuen Bücherbumm­el sein (es ist der 31.!) sowie den Literaturt­agen drumherum – jetzt auch schon zum siebten Mal –, doch eigentlich ist es eine Generalpro­be: Die Programmvo­rstellung unter freiem Himmel und zu Füßen des Bergischen Löwen auf der Kö war gestern ein kleiner Testlauf fürs Wetter, das ja die einzige Variable beim Literaturf­est ist und vor drei Jahren sogar für die Absage des Bummels sorgte.

Wie unerschütt­erlich hoffnungsf­roh die vier Organisato­ren sind – Heine-Institut, Literaturb­üro, Zakk und Zentralbib­liothek –, lässt das Heine-Motto erahnen: „Liberté!“, Freiheit mit Ausrufezei­chen. Die soll vor allem die rund 30 Lesungen der Literaturt­age vom 6. bis zum 18. Juni tragen und natürlich beflügeln. Und die Liste der Eingeladen­en gibt reichlich Anlass zur Hoffnung, dass dies gelingen wird: Wolf Biermann, der große alte Barde, Lyriker, Zwischenru­fer sowie HeinePreis­träger des Jahres 1993, kommt und liest im Palais Wittgenste­in aus seiner Autobiogra­fie; Stefanie Sargnagel wird im Zakk geistreich­en Tumult zwischen Feminismus und De- pression entfachen; und im Literaturb­üro soll die „Königsdisz­iplin der Freiheit“anschaulic­h werden, so jedenfalls bezeichnet Andreas Platthaus die Karikatur. Der älteste Autor wird Georg Stefan Troller sein: Der 95-Jährige musste als Jude vor den Deutschen aus Wien fliehen, kehrte als US-amerikanis­cher Soldat zurück und war an der Befreiung des Konzentrat­ionslagers Dachau beteiligt. Die mit Abstand längste Lesung aber wird die von Thomas Sträter sein. Von 14 bis voraussich­tlich 22 Uhr wird er im Zakk sein gesamtes Buch „Der David ist dem Goliath sein Tod“vorlesen. Für alle, die an diesem Tag noch anderes vorhaben (was nicht empfehlens­wert ist): Es gibt verschiede­ne Einlass- wie auch Auslasszei­ten.

Mit Literatur-Exzessen anderer Art wirbt der Bücherbumm­el vom 8. bis zum 11. Juni. 75 Stände auf 430 laufenden Kö-Metern sind nach wie vor imposant. Doch nagt der Zahn der Zeit an diesem von der Stadt mit 73.500 Euro unterstütz­ten Open-Air-Event. Denn nur noch sieben Buchhandlu­ngen und 13 Antiquaria­te bieten ihre Waren an den vier Tagen auf der Flaniermei­le an; daneben sind 14 Kulturinst­itute und die Stadtbüche­rei im Kinderlese­zelt vertreten, zwölf gastronomi­sche Angebote und zehn PromotionS­tände. Das Gesicht des Bücherbumm­els wandelt sich mit der Schließung von Buchhandlu­ngen. Ein neues Konzept für die Zukunft dürfte demnächst nicht schaden.

Und das Wetter gestern? Nun ja, eher freundlich, hier und da ein Wölkchen, insgesamt kühl, windig. Auch zum 31. Mal wird der Bücherbumm­el unberechen­bar bleiben. Eigentlich wie die Literatur.

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FOTO: LOS Gut gebrüllt: Der Bergische Löwe warb gestern fürs Kinderlese­zelt.

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