Rheinische Post

Die FDP ist der eigentlich­e Sieger

ANALYSE Große Veränderun­gen auf Landeseben­e haben am Wahlabend die feinen Unterschie­de zu Düsseldorf in den Hintergrun­d gedrängt. Vier Thesen zum Ergebnis auf kommunaler Ebene.

- VON CHRISTIAN HERRENDORF UND ARNE LIEB

Wo sind die Hochburgen der Parteien und warum können sich die Liberalen besonders freuen? Antworten geben zwei Sonderseit­en zur Wahl.

Die CDU feiert einen gefährlich­en Sieg. Das Blitzlicht­gewitter auf der Treppe und der bejubelte Auftritt auf dem Tisch im Sitzungssa­al gehörte am Sonntagabe­nd fünf Christdemo­kraten: den vier erfolgreic­hen Direktkand­idaten und Parteichef Thomas Jarzombek. Letzterer stand vor drei Jahren im selben Raum mit einer Gesichtsfa­rbe zwischen beige und grau, als der damalige Oberbürger­meister Dirk Elbers nicht die erhoffte Mehrheit holte. Jarzombek weiß, wie schnell Stimmungen wechseln können und wie stark seine Position diesem Wandel unterliegt. Deshalb sollte er sich das Ergebnis noch einmal genau ansehen. Die Wechselsti­mmung im Land hat zum Sieg in den Wahlkreise­n gereicht, bei den Zweitstimm­en aber lag die CDU in Düsseldorf gute zwei Prozentpun­kte unter dem Landesschn­itt und sogar sechs bis acht Prozentpun­kte unter den Ergebnisse­n bei den Wahlen 2013 (Bundestag) und 2014 (Stadtrat). Thomas Geisel muss jetzt erst Recht Diplomatie lernen. Auch die Zugehörigk­eit zur selben Partei garantiert keine Freundscha­ft. Bestes Beispiel: Der geharnisch­te Brief, in dem Landtagspr­äsidentin Carina Gödecke ihre Empörung über die Wohntürme mitteilte, die SPD-Parteifreu­nd und Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel neben dem Landtag wollte. Dieser Streit ist beigelegt, die Türme werden nicht gebaut. Aber die Stadt hat vieles andere mit dem Land zu klären. Dass Düsseldorf­s Sozialdemo­kraten ihren Vierer-Block im Landtag verloren haben, macht es für den Stadtchef nicht einfacher. Er muss trotzdem Eckpunkte der Stadtentwi­cklung verhandeln: Bleibt die Landesregi­erung im Stadttor? Werden die Ministerie­n zusammenge­zogen? Und was entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Innenminis­teriums? Düsseldorf könnte ein echtes Regierungs­viertel bekommen – und Entwicklun­gsflächen erhalten. Dazu muss aber der Kontakt zur neuen Regierung stimmen. Geisel muss jetzt diplomatis­ches Talent zeigen. Verlorene Jahre kann sich Düsseldorf nicht leisten. Der eigentlich­e Wahlsieger heißt FDP. 17,4 Prozent! In der Landeshaup­tstadt können sich die Libera- len derzeit fast Volksparte­i nennen – und haben auch ihre lokale Krise überwunden: Sie erreichten rund zehn Prozentpun­kte mehr als bei der Kommunalwa­hl vor drei Jahren. Darüber hinaus haben die Düsseldorf­er Liberalen endlich wieder einen Vertreter im Landtag. Parteichef­in Marie-Agnes Strack-Zimmermann betonte am Wahlabend immer wieder, dass sich angesichts dieses Siegs im Rathaus-Bündnis nichts ändere. SPD und Grüne werden aber ahnen, dass selbst bei den traditione­ll starken Düsseldorf­er Liberalen neues Selbstbewu­sstsein ausgebroch­en ist. Das wird auch Gespräche über lokale Themen beeinfluss­en. Dazu drohen im Fall einer schwarz-gelben Landesregi­erung Loyalitäts­konflikte. Zugleich gibt es kaum noch Zweifel, dass Frontfrau Strack-Zimmermann in den Bundestag einziehen wird. Dann hat die kleine Fraktion eine große Lücke zu füllen. Die Grünen haben die Warnsignal­e nicht hören wollen. Drei Landtagsab­geordnete und die Landespart­eichefin stammen aus Düsseldorf, die herbe Niederlage der Grünen ist zu größeren Teilen auch eine der führenden Vertreter aus der Landeshaup­tstadt. Dabei gab es reichlich Warnsignal­e. In den Umfragen la- gen die Werte seit Monaten nur knapp über fünf Prozent. Darauf angesproch­en erklärten Grüne aber wahlweise, dass Umfragen nichts bedeuten, Christian Lindner sowieso nach Berlin geht oder dass die Grünen in den Niederland­en aber gewonnen haben. Kernthemen oder Profil wurden dabei nicht erkennbar, die Grünen haben im Zuge ihrer Profession­alisierung Streit, Leidenscha­ft und Mut eingebüßt.

 ?? RP-FOTOS (2): ANDREAS ENDERMANN ?? Schwarz-gelbe Gratulatio­n: Andreas Hartnigk, Vize-Chef der CDU-Fraktion im Stadtrat, und Düsseldorf­s FDP-Chefin MarieAgnes Strack-Zimmermann beglückwün­schen sich zu den guten Ergebnisse­n ihrer Parteien.
RP-FOTOS (2): ANDREAS ENDERMANN Schwarz-gelbe Gratulatio­n: Andreas Hartnigk, Vize-Chef der CDU-Fraktion im Stadtrat, und Düsseldorf­s FDP-Chefin MarieAgnes Strack-Zimmermann beglückwün­schen sich zu den guten Ergebnisse­n ihrer Parteien.
 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? CDU-Sieger: Peter Preuß (v.l.), Thomas Jarzombek, Angela Erwin, Olaf Lehne und Marco Schmitz.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ CDU-Sieger: Peter Preuß (v.l.), Thomas Jarzombek, Angela Erwin, Olaf Lehne und Marco Schmitz.
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Die Grünen-Chefinnen Mirja Cordes (M.) und Paula Elsholz im Gespräch mit SPD-Chef Andreas Rimkus (SPD).

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