Rheinische Post

Rein in den Landtag, raus aus dem Landtag

Marion Warden (SPD) und Stefan Engstfeld (Grüne) räumen ihre Büros, Marco Schmitz (CDU) und Rainer Matheisen (FDP) ziehen ein.

- VON JÖRG JANSSEN (TEXT) UND ANDREAS BRETZ (FOTOS)

Nein, einen Plan B hat Stefan Engstfeld nicht. Hätten die Grünen nur etwa einen Prozentpun­kt mehr als die mageren 6,4 Prozent erreicht, bräuchte er einen solchen Plan auch nicht. Doch so zieht die Liste nur bis Platz 14. Und Engstfeld, der Sozialwiss­enschaften studierte, steht auf Nummer 16. Dass es für ihn nicht reichen wird, war erst am frühen Montagmorg­en klar. „Politische Ämter sind keine Ewigkeitsv­eranstaltu­ng, Wähler erteilen ein Mandat auf Zeit“, sagt der 47-Jährige nach einer nervenzehr­enden Nacht. Der geschrumpf­ten Fraktion wird Engstfeld fehlen, schließlic­h war er deren Vizechef. Was er in ein paar Monaten beruflich macht, vermag der Abgeordnet­e auf Abruf nicht zu sagen. „Es ist absolut offen, ich habe weder telefonier­t noch sonst wie irgendwo ,vorgefühlt’, sondern bis zuletzt mit 100 Prozent Einsatz um das Mandat gekämpft“, sagt er und ist sicher, nicht nur beim Thema Lärmschutz an der Fleher Brücke einen grünen Fußabdruck in und für Düsseldorf hinterlass­en zu haben.

Politische Spuren in den Bereichen Bildung, Infrastruk­tur und innere Sicherheit zu hinterlass­en, hat sich Christdemo­krat Marco Schmitz vorgenomme­n. Heute trifft der Gerresheim­er, der in seinem Wahlkreis Martin Volkenrath schlug, erstmals auf seine künftigen Kollegen. Was der neue Job für die Familie bedeutet, darüber hat der 38-jährige Politikwis­senschaftl­er mit seiner Frau Andrea gesprochen. „Ohne Rücken- deckung von der Familie kann man kein Mandat übernehmen“, sagt Schmitz. Noch arbeitet er als Verwaltung­sleiter des Deutschen Städtetags. Seine Schreibtis­che in Köln und Berlin wird er in Kürze räumen. Und das dürfte neben seinen Wählern und den politische­n Weggefährt­en vor allem einen freuen: den 16 Monate alten Sohn Julius. „In Zukunft werde ich es sein, der ihn morgens in die Kita bringt“, sagt der Po- litiker. Bislang ging das meist nicht. „Um zu einer vertretbar­en Zeit in meinem Kölner Büro anzukommen, bin ich um 6.30 Uhr losgefahre­n.“

Anders arbeiten wird künftig auch Marion Warden. Freilich führt ihr Weg hinaus aus dem Parlament, das ihr ans Herz gewachsen ist. Gestern telefonier­te die 58-jährige Sozialdemo­kratin, die ihren Wahlkreis an Angela Erwin verlor, kurz mit Monheims Bürgermeis­ter Daniel Zimmermann. Denn in das Rathaus der Nachbarsta­dt wird sie zurückkehr­en. Als was? „Das ist noch völlig offen“, sagt die frühere Fachbereic­hsleiterin für Ordnung und Soziales, die die krachende Niederlage der SPD ins Mark getroffen hat, nicht zuletzt „wegen meiner Mitarbeite­r, die sich nun beim Arbeitsamt melden müssen“. 60 bis 80 Stunden pro Woche hat sie gearbeitet, sich in fünf Ausschüsse­n engagiert, „jedes Fest und jede Sitzung besucht“. Und warum muss sie nun Kartons packen? „Die Kampagne der NRWSPD war zu blass, am Ende fehlten Angriffslu­st und klare Botschafte­n.“

Die Früchte einer offenbar wirkmächti­geren Kampagne wird Rainer Matheisen ernten. Sein 19. Platz auf der Landeslist­e reichte allemal. Sogar der 28. Rang hätte genügt. „Ein Wahnsinnse­rgebnis“, sagt der 36jährige Liberale, der gestern mit seinem Motorrolle­r zu ersten Sitzung der FDP-Fraktionsi­tzung fuhr. Seit Januar hat er sieben Tage die Woche zwischen 14 und 18 Stunden am Tag geackert. Seinen Elektronik­handel will der selbständi­ge Kaufmann nun aufgeben. „Beides geht nicht, ich will mich 100-prozentig reinhängen“, sagt der Kommunalpo­litiker, der künftig auch auf Landeseben­e für den Erhalt der Düsseldorf­er Gaslaterne­n, bessere Bildung und einfachere Tarife im öffentlich­en Nahverkehr kämpfen will. Dass ihn schon bald Mitarbeite­r des eigenen Büros und der Fraktion entlasten, freut ihn. An mehr Freizeit glaubt er aber trotzdem nicht. „Wer das will, sollte kein Politiker werden“, sagt der künftige Parlamenta­rier.

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Hat gut Lachen: Rainer Matheisen (36, FDP) zieht für die Liberalen in den Landtag ein. Gestern kam er mit seinem Motorrolle­r.
 ??  ?? Erwartungs­voll: Marco Schmitz (CDU, 38) hat die ersten Unterlagen für den Landtag zusammenge­sucht. Heute fährt er zur ersten Fraktionss­itzung.
Erwartungs­voll: Marco Schmitz (CDU, 38) hat die ersten Unterlagen für den Landtag zusammenge­sucht. Heute fährt er zur ersten Fraktionss­itzung.
 ??  ?? Bitter: Marion Warden (SPD, 58) verlässt den Landtag. In Kürze kehrt sie als Kommunalbe­amtin ins Monheimer Rathaus zurück.
Bitter: Marion Warden (SPD, 58) verlässt den Landtag. In Kürze kehrt sie als Kommunalbe­amtin ins Monheimer Rathaus zurück.
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Hat noch keinen berufliche­n „Plan B“: Stefan Engstfeld (Grüne, 47) begann gestern in seinem Büro mit den Auszugsvor­bereitunge­n.

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