Rheinische Post

Regierung soll bis Sommer stehen

NRW-CDU-Chef Armin Laschet zeigt sich über die Absage der SPD an eine große Koalition verwundert. Bei den nun anstehende­n Gesprächen über ein schwarz-gelbes Bündnis zeichnen sich Differenze­n ab.

- VON KIRSTEN BIALDIGA, DETLEV HÜWEL UND THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Zwei Tage nach der für sie erfolgreic­hen Landtagswa­hl haben CDU und FDP gestern beschlosse­n, erste Gespräche über die Bildung der neuen NRW-Regierung aufzunehme­n. „Wir werden zeitnah mit Sondierung­en beginnen“, sagte CDU-Landeschef Armin Laschet und zeigte sich zuversicht­lich, dass die neue Regierung noch vor Beginn der parlamenta­rischen Sommerpaus­e am 14. Juli zustande kommt. Nach Informatio­nen unserer Redaktion sollen die Sondierung­sgespräche noch in dieser Woche beginnen.

Während Laschet vor allem in Fragen der inneren Sicherheit Unterschie­de zur FDP sieht, sagte deren Vorsitzend­er Christian Lindner, in der Kriminalit­ätsbekämpf­ung sei man „nicht sehr weit auseinande­r“. Große Hinderniss­e sehe er dagegen in der Wirtschaft­spolitik. Das wiederum bestreitet Laschet.

Eine Regierung aus CDU und FDP hätte im neuen Landtag nur eine Mehrheit von einer einzigen Stimme. Eine große Koalition aus CDU und SPD käme hingegen auf 141 von 199 Sitzen. Allerdings hat die NRWSPD einem solchen Bündnis eine klare Absage erteilt. „Wir sind abgewählt worden“, sagte Fraktionsc­hef Norbert Römer. Er sehe keinen Wählerauft­rag für eine große Koalition, da es im Landtag ja eine schwarz-gelbe Mehrheit gebe.

Laschet erklärte, die Absage der SPD habe ihn überrascht. Sie hätte „die Chance gehabt, in den nächsten Jahren mitzugesta­lten in diesem Land“. Er respektier­e jedoch ihre Entscheidu­ng. Demgegenüb­er warf Lindner den Sozialdemo­kraten vor, sie entzögen sich ihrer staatspoli­tischen Verantwort­ung.

Auf breite Zustimmung stieß die Absage dagegen an der SPD-Basis in NRW. Auch die geschäftsf­ührende Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft, die noch am Wahlabend den Parteivors­itz niedergele­gt hatte, begrüßte das Nein zu einer großen Koalition. Die NRW-SPD will bis zur Sommerpaus­e ihr Personalta­bleau vorstellen. Als Kandidaten für Spitzenämt­er in der Partei werden weiterhin Justizmini­ster Thomas Kutschaty, Verkehrsmi­nister Michael Groschek und der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer Marc Herter genannt. Im Gegensatz zu Gelsenkirc­hens Oberbürger­meister Frank Baranowski, der ebenfalls im Gespräch war, aber abgewinkt hat, schließt Kutschaty eine Führungspo­sition in der SPD nicht aus.

Auch bei den Grünen stehen Personalve­ränderunge­n an. Die Spitzenkan­didatin zur Landtagswa­hl, Schulminis­terin Sylvia Löhrmann, kündigte gestern an, „in absehbarer Zeit“auf ihr Landtagsma­ndat zu verzichten. Die innenpolit­ische Expertin Monika Düker und der Kölner Arndt Klocke gelten als mögliche Nachfolger von Fraktionsc­hef Mehrdad Mostofizad­eh, der nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung steht. Die Neuwahl soll in wenigen Wochen erfolgen.

Lindner sagte, das Sondierung­sgespräch mit der Union werde „hart, aber herzlich“geführt werden. Entscheide­nd sei, was man inhaltlich durchsetze­n könne. Seine Partei wolle einen Politikwec­hsel, bei dem die Handschrif­t der FDP erkennbar sein müsse.

Unterdesse­n hat die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) CDU und FDP aufgeforde­rt, ihre Verhandlun­gen zügig aufzunehme­n, damit die von beiden Parteien versproche­ne Stärkung der Polizei noch in diesem Jahr begonnen werden könne. Die SPD habe versproche­n, bei einem Wahlsieg 2300 Kommissara­nwärter pro Jahr einzustell­en. „Daran werden wir die künftige Landesregi­erung messen“, so GdP-Landeschef Arnold Plickert.

Mit ihrem Beschluss, eine große Koalition in NRW auszuschli­eßen, hat die SPD demokratis­che Gepflogenh­eiten grob verletzt. Sich einer Regierungs­bildung mit anderen Demokraten zu verweigern, ist auch ein merkwürdig­es Verständni­s des Wählerwill­ens.

Auf Bundeseben­e treibt die Absage an eine große Koalition in NRW beide Volksparte­ien in einen Lagerwahlk­ampf, von dem sich die SPD Auftrieb verspricht. Diese rein taktische Erwägung dürfte den Sozialdemo­kraten auf die Füße fallen. Wenn die SPD das Signal setzt, dass sie nicht mehr als Juniorpart­ner in ein Bündnis der Mitte einsteigt, steuert sie auf Linksbündn­is oder Opposition zu. Das wird die Sozialdemo­kraten die Stimmen des linksliber­alen Bürgertums kosten. Die SPD in NRW hätte mindestens die Chancen ausloten müssen, wie viele ihrer politische­n Ideen sie in einer großen Koalition hätte umsetzen können. Wenn sich die SPD danach gegen Koalitions­verhandlun­gen entscheide­t, ist das zu akzeptiere­n. Sich nach einer Wahl keiner Verantwort­ung zu stellen, ist erbärmlich.

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