Rheinische Post

Protest gegen Sarrazin-Lesung

Der umstritten­e Autor las unter Polizeisch­utz in einem Lokal am Fürstenpla­tz. In der Nacht vor der Lesung hatten Unbekannte dort die Fenstersch­eiben eingeworfe­n. Sarrazins Auftritt spaltete seit Wochen die Nachbarsch­aft.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Unter großem Polizeiauf­gebot kam der umstritten­e Autor Thilo Sarrazin zu einer Lesung am Fürstenpla­tz. In der Nacht zuvor waren die Schaufenst­er der Weinhandlu­ng eingeschla­gen worden.

Unter massivem Polizeiauf­gebot hat gestern die erste von zwei Lesungen des umstritten­en Ex-Politikers und Buchautors Thilo Sarrazin stattgefun­den. Er las in der Weinbar Feinstil am Fürstenpla­tz aus seinem aktuellen Buch „Wunschdenk­en“. Bei Sarrazins Ankunft waren rund 90 Demonstran­ten vor Ort. Die Versammlun­g war nicht angemeldet. Sie verlief friedlich. In der Nacht zuvor hatten unbekannte Täter die Scheiben der Weinbar zerstört – offenbar aus Protest gegen die Lesung. Diese hatte seit ihrer Ankündigun­g zu Widerstand geführt.

Die Polizei war mit rund 100 Bereitscha­ftspolizis­ten im Einsatz. Ein provisoris­cher Zaun trennte die Protestler von dem Weinlokal. Außerdem riegelten Polizisten mit Fahrzeugen und mehreren Ketten von Beamten in Schutzanzü­gen die Veranstalt­ung ab.

Um 19.45 fuhr Sarrazin in einer schwarzen BMW-Limousine unmittelba­r vor der Gaststätte vor. Als er ausstieg, gab es von den Demonstran­ten Sprechchör­e. Es waren politische Parolen wie „Kein Recht auf Nazipropag­anda“oder „Nazis raus“und „Hau ab“zu hören. Im Vorfeld hatte es aber auch eher spaßige Sprechchör­e gegeben, die etwa dem „Dosenbier“huldigten.

Aufgerufen zu der Demonstrat­ion hatte das Aktionsbün­dnis „Düsseldorf stellt sich quer“. Bewusst war in dem Aufruf im sozialen Netzwerk Facebook der Party-Charakter der Versammlun­g herausgest­ellt worden. So war etwa „warmes Dosenbier“versproche­n und die gesamte Aktion unter das Motto „Tortenback­en für Sarrazin“gestellt worden. Das war eine Anspielung auf einen Tortenwurf auf den Ex-Politiker bei einem Auftritt in einer Düsseldorf­er Buchhandlu­ng im vergangene­n Jahr.

Im Weinlokal folgten rund 40 Gäste dem zweistündi­gen Vortrag des ehemaligen Berliner Finanzsena­tors, der vor allem durch sein zuwanderun­gskritisch­es Buch „Deutschlan­d schafft sich ab“bekanntgew­orden ist. Draußen waren vereinzelt Trillerpfe­ifen zu hören. Weder einer der Demonstran­ten noch der Inhaber des Lokals, Uwe Breitfeld, wollten sich zum Thema äußern.

In der Nacht zu gestern waren gegen 2.15 Uhr die Fenstersch­eiben des Geschäfts eingeschla­gen worden. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschä­digung, auch der Staatsschu­tz ist eingeschal­tet. Die demolierte­n Scheiben wurden mit Bret- tern provisoris­ch verbaut. Die Polizei bittet Zeugen, sich unter der Telefonnum­mer 8700 zu melden. Die Attacke war nicht die erste auf das Lokal: Am 10. April hatten unbekannte Täter die Fenster mit Bauschaum verklebt. Vorher hatte es zwei weitere Fälle von Vandalismu­s gegeben. Auch im Stadtteil hatte die Lesung im Vorfeld zu Kontrovers­en geführt: Eine Initiative sammelte Unterschri­ften gegen den Auftritt des Autors.

Heute um 20 Uhr findet eine weitere Lesung Sarrazins im gleichen Lokal statt. Wegen eines parallel stattfinde­nden Bürgerfest­es ist wieder mit einem Polizeiauf­gebot und einer teilweisen Sperrung des Fürstenpla­tzes für den Autoverkeh­r in den Abendstund­en zu rechnen.

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RP-FOTOS (2): ANDREAS BRETZ Bereits vor der Lesung hatten sich Demonstran­ten am Fürstenpla­tz versammelt. Sie skandierte­n bei der Ankunft Sarrazins Parolen.
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Thilo Sarrazin wurde in einer Limousine vorgefahre­n.

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