Rheinische Post

Bayer steht vor einem großen Umbruch

Der Berater des Dortmunder Trainers Thomas Tuchel dementiert einen Kontakt zum Werksklub.

- VON SEBASTIAN BERGMANN UND THOMAS SCHULZE

DÜSSELDORF Die Nerven sind in den vergangene­n Wochen arg strapazier­t worden. Bei Bayer Leverkusen auf eine Weise, die vor der Saison kaum einer für möglich gehalten hatte. Der Mitfavorit rutschte in gefährlich­e Nähe der Abstiegszo­ne. Der Trainerwec­hsel von Roger Schmidt zu Tayfun Korkut verpuffte. Nur acht Punkte aus zehn Spielen, darunter ein Sieg gegen den Absteiger Darmstadt, waren einfach zu wenig. Zu wenig, um frühzeitig aller Sorgen ledig zu sein; zu wenig für Korkut. Die Erleichter­ung war nach dem 2:2 gegen den rheinische­n Rivalen Köln und dem gesicherte­n Klassenerh­alt so groß, dass Geschäftsf­ührer Michael Schade glückselig ausplauder­te, dass der Vertrag mit dem Coach nicht verlängert wird. Die Aussage war korrekt, nicht aber der Zeitpunkt, denn er war weder mit Korkut noch mit Rudi Völler abgestimmt.

Natürlich war all das auch gestern ein Thema auf der Gesellscha­ftertagung. Dabei wurde aber nicht nur bilanziert, sondern auch verschiede­ne Varianten für die Zukunft diskutiert – sowohl die Trainerfra­ge, in der der Name Thomas Tuchel gefallen sein dürfte, als auch die Aufstellun­g der Führung.

Die letzten Wochen und Tage haben deutliche Spuren hinterlass­en. So soll Schade, einst Kommunikat­ions-Chef des Konzerns, nach seinem Fauxpas ernsthaft überlegen, ob er aus seinem bis 2018 laufenden Vertrag freiwillig aussteigt. Das wäre bei der Neustruktu­rierung der Klubführun­g sicher nicht hinderlich, denn Rudi Völler, das Gesicht des Vereins, könnte sich des Bereichs annehmen. Zugleich könnte er sich aus dem operativen Bereich etwas zurückzieh­en, den Jonas Boldt in noch stärkerer Weise übernehmen könnte. Die Geschäftsf­ührung könnte dann Robert Schäfer übernehmen, der noch Vorstandsv­orsitzende­r von Fortuna Düsseldorf ist.

Nach Informatio­nen unserer Redaktion sollen Gespräche über einen Wechsel nach Leverkusen geführt worden sein. Das wurde jedoch heftig dementiert. „Das ist völliger Schwachsin­n“, sagt Rudi Völler. „Ich kenne Herrn Schäfer nicht einmal persönlich.“Auch der Fortu- na-Vorstandsv­orsitzende reagierte empört. „Ich habe keinen Kontakt zu Bayer Leverkusen oder einem anderen Fußballver­ein in Deutschlan­d oder in einem anderen Land“, versichert­e Schäfer seinen Mitarbeite­rn, nachdem unsere Redaktion über eine Verbindung zu Leverkusen berichtet hatte.

Düsseldorf­s Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Reinhold Ernst beteuerte: „Ich weiß von nichts. Deshalb stellt sich das Thema nicht.“Er beklagt, dass seit Wochen versucht werde, Unruhe in den Verein zu tragen. Dass im Abstiegska­mpf die verschiede­nen Gremien die Situation des Vereins kontrovers diskutiere­n, sei nicht nur verständli­ch, sondern deren Pflicht. Er betonte, dass die Entscheidu­ngen aber der Vorstand treffe.

In Leverkusen sind sie derweil auf Trainersuc­he. Dass Thomas Tuchel auf der Wunschlist­e steht, wird dementiert. „Da ist nichts dran“, sagte Rudi Völler. „Aber dass Gerüchte auftauchen, ist normal. Das gehört zum Geschäft. Wir sind für viele Trainer ein interessan­ter Verein.“Gesucht werde ein Trainer, der mit jungen Spielern arbeiten und diese ausbilden könne. Das Hauptaugen­merk liege darauf, Erfahrung in den jungen Kader zu bringen. „Denn nur mit der Jugend geht es nicht.“

Thomas Tuchel dementiert­e zwar nicht den Kontakt zu Reiner Calmund, dafür aber Tuchels Berater den Kontakt zu Bayer Leverkusen „Das ist kein Thema. Thomas Tuchel hat einen Vertrag für die nächste Saison beim BVB“, sagte Olaf Meinking der Deutschen PresseAgen­tur. Eine Offerte von Bayer habe es nicht gegeben. Nach dem Pokalfinal­e werde es eine „ergebnisof­fene“Gesprächsr­unde mit der Vereinsfüh­rung von Borussia Dortmund geben. Dies sei zwischen den Beteiligte­n so verabredet, erklärte Meinking. „Da gibt es sicherlich Redebedarf.“Das Verhältnis von Tuchel zur BVB-Führung gilt als zerrüttet, eine Trennung als höchstwahr­scheinlich.

Doch noch bedarf es der Dementis, denn es geht um viel Geld. Tuchel wird eine saftige Abfindung in Dortmund kassieren wollen, wo sein Vertrag noch bis 2018 läuft; der BVB mit dem Hinweis auf die Offerten anderer Vereine die Summe drücken wollen. Ein Verein, der Tuchel verpflicht­en möchte, wird daher nicht jetzt schon entspreche­nde Avancen bestätigen, um Tuchels Verhandlun­gen möglichst nicht zu stören.

Der Fußball ist nicht nur Sport, sondern auch ein knallharte­s Geschäft, in dem um Millionen gepokert wird. Doch trotz aller Dementis gilt die alte Weisheit: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer.

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FOTO: DPA Wegweiser bei Borussia Dortmund: Trainer Thomas Tuchel steht zumindest für das letzte Saisonspie­l und das Pokalfinal­e in Berlin noch für den BVB an der Seitenlini­e.

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