Rheinische Post

Lucoqui – von der Toilette auf den Rasen

Mit prasselnde­m Applaus verabschie­den die 37.320 Zuschauer Fortunas Mannschaft nach dem 1:0-Sieg gegen Aue. Sie sind mit der Saisonleis­tung der jungen Mannschaft trotz einiger Schwankung­en insgesamt zufrieden.

- VON THOMAS SCHULZE

Es ging darum, das richtige Maß zu finden – während des Spiels und nach dem Schlusspfi­ff. Das ist der Mannschaft gelungen. Sie rannte nicht blindlings nach vorne und sie igelte sich nicht ein. Am Ende stand ein souveräner 1:0-Sieg gegen Erzgebirge Aue durch den Treffer von Christian Gartner sowie mit Platz elf eine Position im Mittelfeld. Kein Grund für eine Ehrenrunde oder gar „An Tagen wie diesen“, aber eben doch Zufriedenh­eit.

Es sollte ein entspannte­r Nachmittag werden. Alles war bestens vorbereite­t. Die Anstoßzeit mit 15.30 Uhr wie zu allerbeste­n Zeiten, die Sonne lachte bei angenehmen 21 Grad, so dass Tausende die Gunst der Stunde nutzten und am Rhein entlang zum Stadion radelten. Und auch auf einem Transparen­t wurde an die guten alten Zeiten erinnert. Wie 1979 beim Europacup-Endspiel gegen den FC Barcelona (3:4 n. V.) hielten Fans ein Spruchband in die Höhe, das von der Wortwahl und dem Schriftzug von einst identisch war: „Jungens, wir sind bei Euch!“

Und die Jungens bekamen die Unterstütz­ung und dieses Vertrauen ebenso von den Rängen wie von Trainer Friedhelm Funkel. Der Coach, dem so manches nachgesagt wird, was einfach nicht den Fakten entspricht, setzte wieder auf die Jungen. Er baute seine Mannschaft nicht etwa um, weil Linksverte­idiger Lukas Schmitz gesperrt war, sondern ersetzte ihn durch den erst 19 Jahre alten, unerfahren­en Anderson Lucoqui. „Ich musste ihn in einer ganz, ganz schwierige­n Situation bringen, und er hat das fantastisc­h gemacht“, sagte Funkel.

Anderson Lucoqui, den alle nur „Andy“rufen, war vor seinem Startelfde­büt natürlich aufgeregt. In sol- chen Situatione­n sucht er mehrmals die Toilette auf. „Ja, heute auch“, gestand er. „Wie oft es war, weiß ich nicht. Ich habe beim vierten Mal aufgehört zu zählen. Aber die anderen Spieler haben mir geholfen und gesagt, dass das nach zwei, drei Spielminut­en vorbei ist. Und so war es auch.“Lucoqui war natürlich glücklich. Er strahlte und sagte: „Ich kann es nicht in Worte fassen, es ist wie im Film – Debüt, Sieg und Happy-End.“Sein Trikot erhält einen Ehrenplatz an der Wand, wo alle Trikots hängen, die ihn an ein bedeutende­s Spiel seiner Laufbahn erinnern. Das ein oder andere soll noch hinzukomme­n.

Lucoqui war der Jüngste in der jungen Mannschaft, deren Feld- spieler ein Durchschni­ttsalter von 24,5 Jahren hatte und in Kapitän Adam Bodzek nur einen einzigen Akteur jenseits der Dreißig (31). Die Zuschauer honorierte­n das mit der notwendige­n Geduld und Unterstütz­ung. Und sie sind bereit, den eingeschla­genen Weg mitzugehen. So gab es prasselnde­n Applaus von den Rängen, als die Abschlusst­abel- le auf der Anzeigetaf­el erschien: Fortuna auf Tabellenpl­atz elf, die wichtigste­n Saisonziel­e erreicht, mit 42 Zählern die 40-Punkte-Marke übertroffe­n und in Lucoqui, Robin Bormuth (21), Andre Hoffmann (24), Kaan Ayhan (22), Marcel Sobottka (23), Christian Gartner (23) und Jerome Kiesewette­r (24) junge Spieler auf- und eingebaut. Der gesperrte Lukas Schmitz

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Anderson Lucoqui schirmt den Ball selbst im Liegen noch gegen den Auer Routinier Christian Tiffert ab. Die beiden trennen 16 Lebensjahr­e.

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