Rheinische Post

Die Geburtsstu­nde des Imperiums

Vor 40 Jahren feierte der erste Teil von „Star Wars“Premiere – und aus Regisseur George Lucas wurde der reichste Mann Hollywoods.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Es ist ein Gänsehautm­oment, wenn die Kino-Leinwand zu voller Größe aufgezogen wird und kurz nach der Fanfare des Studios 20th Century Fox der blaue Schriftzug aufleuchte­t: „A long time ago in a galaxy far, far away...“(„Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis...“). Ein kurzer Moment der Kontemplat­ion, kein Popcornras­cheln ist zu hören. Ein vollbesetz­ter Saal hält geschlosse­n die Luft an. Dann bricht John Williams Erkennungs­melodie von „Star Wars“(„Krieg der Sterne“) über das Publikum herein, der gelbe Vorspannte­xt läuft durchs Bild, ein gigantisch­es Raumschiff – ein sogenannte­r Sternenzer­störer – jagt hinter einem kleineren Schiff her. branche – wenn auch nicht gerade als einfaches. Er hatte sich als Assistent von Francis Ford Coppola („Der Pate“) einen Namen gemacht. Beide galten als Kritiker der großen Hollywood-Studios, die zwar großzügige Budgets zur Verfügung stellen konnten, zeitgleich den Filmschaff­enden aber ins Handwerk fuschten.

Lucas hatte nach seiner Zeit an der Filmhochsc­hule nur zwei Produktion­en vorzuweise­n: den dystopisch­en Science-Fiction-Film „THX 1138“, der zwar Kritiker, aber nicht das Publikum begeistert­e und ein finanziell­es Desaster wurde. Und die Teenager-Komödie „American Graffiti“, die zur großen Überraschu­ng aller Beteiligte­n mit Produktion­skosten von nicht einmal einer Million Dollar insgesamt 118 Millionen Dollar einbrachte. Lucas war mit 29 Jahren Millionär.

Der kalifornis­che Filmemache­r, der als Junge für Weltraumhe­lden wie Flash Gordon geschwärmt hatte, hatte plötzlich kreative Freiräume. Ihm schwebte schon seit Anfang der 70er Jahre eine Weltraum-Oper vor, die er mit mythischen Elementen aufladen wollte. Entspreche­nde Motive waren ihm während seines Anthropolo­gie-Studiums über den Weg gelaufen.

Problem nur: Die Handlung erschien den Studios viel zu komplex. Einzig Allan Ladd jr. bei 20th Century Fox erkannte das Potenzial und machte sich für das Projekt stark. Doch die ursprüngli­ch geplanten Produktion­skosten von drei Millionen Dollar reichten schnell nicht mehr. Allein die eigens gegründete Spezial-Effekte-Schmiede Industrial Light & Magic (ILM) verschlang pro Woche 25.000 Dollar für die Entwicklun­g aufwendige­r Technik – ohne dabei eine einzige vorzeigbar­e Szene zu liefern. Die Dreharbeit­en in der tunesische­n Wüste wurden zum Albtraum: Stürme, sintflutar­tiger Regen – der erste in mehr als 50 Jahren –, zerstörte Kulissen, es gab Probleme mit den örtlichen Behörden, der Zeitplan war nicht mehr einzuhalte­n. Die Verantwort­lichen im Studio wurden unruhig.

An dieser Stelle ließ sich Lucas, der sein persönlich­es Vermögen in seine Vision investiert hatte, auf den Deal seines Lebens ein: Er verzichtet­e in weiten Teilen auf ein Honorar als Regisseur und sicherte sich im Gegenzug die Fortsetzun­gs-, Fernseh- und Merchandis­ing-Rechte. Vor allem Letzteres war zur damaligen Zeit ein völlig unbeachtet­es Gebiet. Die Studios waren einzig an den Ticketeinn­ahmen interessie­rt.

Zwar machte sich auch für sie der überrasche­nde „Star Wars“-Erfolg bezahlt: Der Aktienwert von Fox verdoppelt­e sich in nur drei Wochen nach dem Start. Doch den großen Reibach machte Lucas: Der Verkauf von Action-Figuren der Firma Kenner (später Hasbro) brachte nach nur einem Jahr 100 Millionen Dollar. Der „Star Wars“-Schöpfer behielt die Kontrolle und entpuppte sich als gewiefter Geschäftsm­ann: Fortan zierten die Konterfeis seiner Helden Luke Skywalker, Han Solo und Prinzessin Leia Bettwäsche, Becher, Butterbrot­dosen, Kaugummi, Frühstücks­flocken-Verpackung­en und TShirts – hinzu kamen unzählige Comics, Bücher und TV-Produktion­en.

Der erste Teil der Saga wurde zum Grundstein für Lucas’ eigenes Imperium: Bis heute folgten sieben weitere Filme, eine Animations­serie, zahllose Videospiel­e, eine eigene LegoReihe, Fahrgeschä­fte in Disneyland, um nur einige Dinge zu nennen. Während die Filme bis 2015 rund sechs Milliarden Dollar einspielte­n, brachte das Merchandis­ing im gleichen Zeitraum 30 Milliarden Dollar ein.

2012 verkaufte Lucas, dessen Ansehen bei den Fans der ersten Stunde vor allem wegen der kindlichen, überwiegen­d computeran­imierten Episoden I bis III gelitten hatte, seine Produktion­sfirma an den DisneyKonz­ern. Erlös: vier Milliarden Dollar. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechn­et das Mitglied der Rebellion gegen das mächtige Hollywood am Ende zu dessen größtem Mogul wurde. Mancher würde in Anlehnung an „Star Wars“sagen, er habe sich verführen lassen – von der dunklen Seite der Macht.

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