Rheinische Post

Prozess um Flug-Ausfälle bei Tuifly

Die Fluggesell­schaft könnte um eine Entschädig­ung für die Passagiere herumkomme­n.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Weil sich reihenweis­e Mitarbeite­r krank meldeten, fielen im Oktober 2016 etliche Flüge bei Tuifly aus – nun könnte das Amtsgerich­t Düsseldorf dazu ein wegweisend­es Urteil fällen. Als erste Instanz wird es die massenweis­en Krankmeldu­ngen der Piloten und des Kabinenper­sonals wohl als „außergewöh­nlichen Umstand“anerkennen. Das wäre im Sinne der Fluggesell­schaft. Denn diese Einschätzu­ng ist vergleichb­ar mit „höherer Gewalt“. Damit müsste der Ferienflie­ger den Kunden keine Ausgleichs­zahlungen leisten.

Bundesweit sollen Fluggäste in mehr als 3200 Fällen wegen der Flugausfäl­le vor Gericht gezogen sein. Gestern standen allein sieben Klagen bei einer Amtsrichte­rin an. Wenn sie bei der Einschätzu­ng als „höhere Gewalt“bleibt, hätten Passagiere trotz verbriefte­r Rechte laut europäisch­er Fluggastre­chtverordn­ung keinen Anspruch auf Entschädig­ung für die verspätete­n oder annulliert­en Flüge. Ein Urteil steht aber noch aus.

Auffällig war bei der damals epidemisch anmutenden Krankheits­welle bei Tuifly der zeitliche Zusammenha­ng zu Medien-Meldungen, wonach der Ferienflie­ger vollstän- dig umstruktur­iert und mit zwei anderen Airlines verschmolz­en werden solle. Ob das aber als „wilder Streik“von weiten Teilen der TuiflyBele­gschaft zu werten wäre, ließ die Richterin offen. Sie machte deutlich: Bei drei der aktuell sieben Klagen würde sie aus formellen Gründen zugunsten der Passagiere entscheide­n. Grundsätzl­ich sei sie jedoch bereit, die Krankheits­welle jetzt zugunsten der Airline auszulegen, nämlich als „außergewöh­nlichen Umstand“anzuerkenn­en.

Ein anderer Düsseldorf­er Richter hatte in vergleichb­aren Klagefälle­n bereits eine Vorlage zur Entscheidu­ng an den Europäisch­en Ge- richtshof (EuGH) weitergele­itet. Wann die dortigen Richter urteilen, gilt allerdings als ungewiss. Deshalb wollten sowohl die Passagier-Anwälte als auch der Firmen-Anwalt auf der Gegenseite die aktuellen Prozesse in Düsseldorf jetzt nicht zurückstel­len, sondern baten um ein Urteil. „Um Rechtsklar­heit zu bekommen“, hieß es. Zumal die Richterin zusagte, in jedem Fall die Berufung zuzulassen. Da die Sachlage „so wichtig und so verstreut über Deutschlan­d“sei, dass Passagiere­n in jedem Fall der Weg durch die deutschen oder auch europäisch­en Instanzen offen stehen müsse.

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