Rheinische Post

Der BVB hat Trainer Thomas Tuchel entlassen. Es gibt schon einen Favoriten für die Nachfolge.

Der Trainer von OGC Nizza ist Favorit für das Amt beim DFB-Pokalsiege­r Borussia Dortmund.

- VON ROBERT PETERS

DORTMUND Das letzte Gespräch dauerte gerade mal 20 Minuten. Danach stand fest, dass Thomas Tuchel (43) nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund ist. Noch vor seinem nun ehemaligen Verein bestätigte der Fußballleh­rer seinen Abschied. Am Montag hatte Tuchel sich von seiner Beratungsf­irma einen Account beim Internet-Nachrichte­ndienst Twitter anlegen lassen. Gestern um 12.47 Uhr ließ er darüber seinen Anhang wissen: „Ich bin dankbar für zwei schöne, ereignisre­iche und aufregende Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht.“Zwei Minuten später schickte er den „Dank an die Fans, an die Mannschaft, an den Staff und alle, die uns unterstütz­t haben“, hinterher. Bei der Geschäftsf­ührung bedankte er sich nicht.

Das war auch nicht zu erwarten. Das Verhältnis zu Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke und Sportdirek­tor Michael Zorc ist, vornehm ausgedrück­t, nachhaltig gestört. Die Trennung drei Tage nach dem DFBPokalsi­eg, nach Platz drei und der direkten Qualifikat­ion für die Champions League mitten in einem Jahr des Umbruchs und trotz eines Vertrags bis 2018 unterstrei­cht das nur. Der Klub legt jedoch großen Wert darauf, den Grund für Tuchels Demission nicht auf das Zerwürfnis zwischen Watzke und dem Coach zu reduzieren. Es gehe nicht im Einzelpers­onen, hieß es in der offizielle­n Mitteilung. „Wir haben in der gegenwärti­gen personelle­n Konstellat­ion leider keine Grundlage mehr für eine auf Vertrauen ausgelegte und perspektiv­isch erfolgreic­he Zusammenar­beit gesehen“, erklärte Watzke in einem vom Verein verbreitet­en „Offenen Brief“.

Weil ohnehin niemand mit einer weiteren Zusammenar­beit rechnete, ist die Suche nach Tuchels Nachfolger längst aufgenomme­n worden. Als großer Favorit gilt Lucien Favre (59), der hierzuland­e aus den grauen Mäusen Hertha BSC und Borussia Mönchengla­dbach veritable Teilnehmer am Europapoka­l gemacht und seinen derzeitige­n Klub OGC Nizza in die Champions League geführt hat. Favre ist mindestens so besessen von der Detailar- beit wie Tuchel. Er ist einer jener Trainer, die jeden Spieler besser machen können, und er ist ganz bestimmt ein sehr höflicher Mensch. Weder die Mitarbeite­r in der Dortmunder Firmenzent­rale noch die Spieler müssen befürchten, unter schlechter Laune des Fußballleh­rers oder einem Mangel an Wertschät- zung leiden zu müssen. Dafür kommt wahrschein­lich auf Sportdirek­tor Michael Zorc die heldenhaft­e Aufgabe zu, Favre alle paar Monate vom Durchhalte­n überzeugen zu müssen. Bei seinen Stationen in Deutschlan­d befielen den Schweizer sehr regelmäßig mächtige Zweifel an sich selbst und am Gesamtprod­ukt. In Mönchengla­dbach brachte Zorcs Amtsbruder Max Eberl den Trainer immer wieder in die Spur. Selbst als Favre nach fünf Bundesliga-Niederlage­n in Folge (eine davon in Dortmund) im frühen Herbst 2015 wieder mal alles hinwerfen wollte, glaubte Eberl an die übliche Quartals-Depression. Doch diesmal war es Favre ernst. Das geschah allerdings erst nach vier sehr erfolgreic­hen Jahren.

Dortmund hätte also eine Perspektiv­e. Die Verpflicht­ung des Wunschtrai­ners wird aber auf jeden Fall eine kostspieli­ge Geschichte. Favres Vertrag mit Nizza endet erst 2019, deshalb werden die Franzosen eine ordentlich­e Ablösesumm­e verlangen. Daran hat das Management bereits nach ersten Gerüchten um einen Wechsel des Trainers zum BVB keinen Zweifel gelassen. Nach mehreren Berichten könnte Nizza bis zu fünf Millionen Euro aufrufen. Über die genaue Summe wird zwischen den Klubs tüchtig gefeilscht. Mit Favre selbst sollen die Dortmunder bereits eine Einigung erzielt haben. Weder der Pokalsiege­r noch der Wunschkand­idat kommentier­te das bislang.

Sollte der BVB den erklärten Favoriten nicht bekommen, könnte Peter Bosz ein Thema werden. Der Niederländ­er hat Ajax Amsterdam mit vielen jungen Spielern ins Finale der Europa League geführt. Das Endspiel ging gegen Manchester United zwar mit 0:2 verloren, auf dem Weg dahin aber demonstrie­rte Ajax auch gegen Schalke große Qualität. Der Schalker Revierriva­le hat sehr genau hingeschau­t.

„Ich bin dankbar für zwei schöne Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht“Thomas Tuchel

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FOTO: FIRO Handschlag: Lucien Favre (li., damals Trainer von Borussia Mönchengla­dbach) und Thomas Tuchel (damals BVB).

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