Bürgerdialog räumt mit Vorurteilen über die Ellerstraße auf
Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch hatte zum Thema „Orient in Oberbilk: Sehnsuchtsort oder Verbrechernest“eingeladen.
OBERBILK Jamal Omeirate lebt seit fast 20 Jahren an der Ellerstraße. Der Familienvater schätzt den Stadtteil sehr und hat nie Probleme bemerkt, die durch eine einseitige Bevölkerung entstanden sein sollen. Für ihn und einige andere ist das MaghrebViertel oder „Klein Marokko“ein Stück Heimat. Hier trifft man sich zum Einkaufen, auf einen Tee oder beim Frisör. Was für die einen das Zuhause weit weg von zu Hause ist, wirkt auf andere allerdings fast schon bedrohlich. In der Vergangenheit stand das Maghreb-Viertel immer mehr im Fokus der allgemeinen Aufmerksamkeit. Landesweit, und sogar über die Grenzen Deutschlands hinaus wurde das „Problemviertel“bekannt.
Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch kam am Mittwochabend mit Anwohnern und Interessierten zum Thema „Orient in Oberbilk: Sehnsuchtsort oder Verbrechernest“in der Berger Kirche zusammen. Organisiert von der Diakonie und unter der Moderation von Diakoniepfarrer Thorsten Nolting begaben sich Koch, Dirk Sauerborn von der Polizei und Anwohner der Ellerstraße ins Gespräch. Die Veranstaltung war dabei die erste von vier, die die Diakonie zum Thema organisiert. Ausschlaggebend für das Zusammenkommen seien die vergangenen Schlagzeilen zum Thema und der immer schärfere Blick auf das sogenannte Maghreb-Viertel rund um die Ellerstraße gewesen sein. „Der Bereich bereitete uns in den letzten Jahren zunehmend Sorgen. Er hatte sich zu einer Art Rückzugsort für Verbrecher entwickelt.“Dieses Problem sei aber erfolgreich angegangen worden und mittlerweile unter Kontrolle gebracht, so Dirk Sauerborn. Mittlerweile sei auch in diesem Stadtbereich wieder Routi- nearbeit möglich. Spezielle Sonderpläne oder gar Razzien seien vorerst nicht mehr notwendig.
Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch wies einmal mehr darauf hin, dass Flüchtlinge in der Verbrecherstatistik von Oberbilk kaum eine Rolle spielen, da dort nur wenige untergebracht sind. Eine Frage aber beschäftigte alle Teilnehmer: Sind zuwanderungsgeprägte Quartiere wünschenswert oder doch besser zu vermeiden? Schließlich gibt es auch die japanische Meile auf der Immermannstraße oder „Little Italy“in Gerresheim, und das würde nicht bemängelt werden.
Am Ende des Abends bekamen die rund 60 anwesenden Bürger die Chance, ihre Meinungen und Ideen zu äußern. Nur wenige nahmen dies in Anspruch. Diejenigen, die es taten, hatten eigentlich durchweg Positives zu berichten. Der 27-jährige Mohamed Rhounan ist in Deutschland aufgewachsen, studiert hier und sieht vor allem eine Notwendigkeit: nämlich die Auseinandersetzung miteinander. „Ich gehöre zu Deutschland. Ich musste mich nie wirklich integrieren, um in Deutschland zu leben, ich war ja schon mitten drin. Integration funktioniert allerdings auch nur dann, wenn zwei Leute aufeinander eingehen.“Einig ist man sich auch darüber, dass die Probleme, die es rund um die Ellerstraße gibt oder gegeben hat, nicht ignoriert, aber auch nicht extremisiert werden dürfen. So sieht es auch Theresa Kramer. Die 29-Jährige arbeitet für die Diakonie an der Ellerstraße: „Natürlich kann man das kriminelle Potenzial einiger Jugendlicher nicht wegreden, aber man sollte auch nicht den Fokus alleine darauf setzten.“So seien zum Beispiel die Geschäftsinhaber und Anwohner sehr hilfsbereit und aufmerksam, wenn es Probleme gibt.