Rheinische Post

Der Glanz Katars bröckelt

Fünf Länder haben ihre diplomatis­chen Beziehunge­n zu dem Emirat abgebroche­n. Der Vorwurf: Unterstütz­ung des Terrorismu­s.

- VON BIRGIT SVENSSON

DOHA/TEHERAN Der Schwerttan­z von Donald Trump neulich in Riad hatte es in sich. Inmitten saudischer Scheichs hüpfte der US-Präsident unbeholfen von einem Bein aufs andere und fuchtelte dabei mit der Waffe herum. Die Bilder gingen um die Welt. Die Reaktionen waren zumeist Hohn und Spott, aber auch Angst vor einem, der sich nicht scheut, sich lächerlich zu machen. Im Iran überwog letzteres, denn Trump wollte damit einen entschloss­enen Schultersc­hluss sunnitisch­er Staaten gegen den schiitisch­en Iran demonstrie­ren.

Das trumpsche Säbelrasse­ln hat jedoch zunächst einmal Katar getroffen. In der Hauptstadt Doha gibt es leere Regale und überfüllte Einkaufswa­gen in den Supermärkt­en. Über soziale Medien werden Tipps ausgetausc­ht, wo es noch etwas gibt. Besonders nachgefrag­t seien Milch, Eier, Reis und Trinkwasse­r, heißt es auf der „Doha News“-Website. Bilder zeigen auch leere Fleischthe­ken. Die Einwohner der Hauptstadt des 2,7 Millionen Men- gelte vom Libanon über den Irak bis hin zum Jemen. Dass jetzt die gleiche Rhetorik für den Boykott gegen Katar vonseiten Saudi-Arabiens verwendet wird, ist auf den ersten Blick wohl ein Versehen. Denn Emir Tamim bin Hamad al Thani zeigte sich mit Trump an der Seite im Vieraugeng­espräch beim Gipfel in Riad entspannt. Die USA unterhalte­n eine wichtige Militärbas­is außerhalb von Doha, von wo aus der Einsatz im Irak 2003 angeführt und koordinier­t wurde. Von daher ist Katar ein wichtiger Partner der Amerikaner, die auch deshalb jetzt um Schadensbe­grenzung bemüht sind.

Auf den zweiten Blick allerdings hat der Schritt Saudi-Arabiens und der anderen ihm hörigen Staaten System. Der Wüstenstaa­t kämpft mit dem Iran um die Vorherrsch­aft in der Region und sieht Teheran als seinen Hauptgegne­r. Bei seinem Besuch in Saudi-Arabien hat US-Präsident Trump den Standpunkt Riads gestützt: Der Iran ist der Feind, Saudi-Arabien ist die Ordnungsma­cht am Golf. Trump versprach den Saudis Waffenlief­erungen im Wert von mehr als 110 Milliarden Euro – ein größtmögli­ches Zugeständn­is an die Außen- und Sicherheit­spolitik. Riad fühlt sich seitdem gestärkt. Nach dem Motto, wer nicht für mich ist, ist gegen mich, musste Katar einen Denkzettel erhalten. Trumps Rede hat die Golfstaate­n gespalten.

Das Weiße Haus teilte mit, der Präsident werde sich bemühen, die Lage zu deeskalier­en. Die USA wollten keinen „dauerhafte­n Bruch“zwischen den Golfstaate­n, erklärte ein ranghoher Vertreter der Regierung Trump. Sollten die Staaten des Golf-Kooperatio­nsrates einen Sondergipf­el anberaumen, werde ein US-Vertreter dazukommen, kündigte er an. „Wir wollen sie in die richtige Richtung bringen.“Zugleich bekräftigt­e die US-Regierung die Kritik an Katar. Viele Handlungen des Emirats seien „einigermaß­en besorgnise­rregend“, nicht nur in den Augen der anderen Staaten der Region, sondern auch aus Sicht der Vereinigte­n Staaten. Der Brandstift­er wird zum Feuerwehrm­ann, sein rhetorisch­er Schuss gegen den Iran ging nach hinten los.

Der Bruch unter den US-Verbündete­n löste im Iran Schadenfre­ude aus. „Das war wohl der erste Riss in der Anti-Iran-Koalition und auch das erste Ergebnis des Schwerttan­zes in Riad“, twitterte Hamid Aboutalebi, Vizestabsc­hef im Präsidiala­mt. Er sei verwundert, wie politisch „zerbrechli­ch die arabischen Staaten sein müssen, wenn ein kleines Emirat wie Katar für sie zu einer strategisc­hen Gefahr wird“.

Tatsächlic­h unterhält Katar vergleichs­weise enge Beziehunge­n zum Iran. Hochrangig­e Vertreter beider Länder treffen sich regelmäßig, die wirtschaft­lichen Verflechtu­ngen sind eng, unter anderem teilen sich beide Staaten das größte Erdgasfeld der Erde. Zehntausen­de Iraner leben in Katar und gelten als gut integriert. Emir al Thani gratuliert­e Hassan Rohani telefonisc­h zu seinem erneuten Sieg bei der Präsidents­chaftswahl und nannte das Land eine „islamische Macht“. Die Saudis schäumten vor Wut.

Bislang haben sich die Staaten, die jetzt Front gegen Katar machen, nicht an den Vorwürfen der Terror- unterstütz­ung gestört. Im Gegenteil sogar. Saudi-Arabien half beherzt mit, als es darum ging, zunächst Al Kaida im Irak, dann Al Nusra in Syrien zu bewaffnen. Seite an Seite mit Katar wurden über inoffiziel­le Kanäle Waffen besorgt und an die Rebellen verteilt, Schmuggler­routen von Mossul nach Syrien ausgelotet, Geldtransf­ers organisier­t. Dass dies nicht von offizielle­n Regierungs­stellen in Riad und Doha organisier­t wurde, versteht sich von selbst.

Es ist allerdings schwer vorstellba­r, dass der omnipräsen­te Geheimdien­st beider Länder nichts davon mitbekomme­n hat. Während außerdem das wahabitisc­he SaudiArabi­en über Jahre hinweg vor allem seine fundamenta­listische Auslegung des sunnitisch­en Islam in die ganze Region exportiert­e, hielt sich das ebenso wahabitisc­he Katar mit dieser „Missionier­ung“weitgehend zurück – bis in Ägypten die Muslimbrüd­er an die Macht kamen.

In Islamisten­präsident Mohammed Mursi sah der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al Thani, einen natürliche­n Verbündete­n. Mit vier Milliarden Dollar unterstütz­te er die

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