Rheinische Post

Neue Liebe

Borussia Dortmund präsentier­t den Niederländ­er Peter Bosz als neuen Trainer. Der 53-Jährige soll beim BVB nach dem Rosenkrieg mit Vorgänger Thomas Tuchel für neue Harmonie sorgen, verlässt aber Ajax Amsterdam im Streit.

- VON GIANNI COSTA

DORTMUND Der neue Hoffnungst­räger des Ballspielv­ereins von 1909 betritt um 15.15 Uhr die Bühne. Peter Bosz steht auf dem Podium und lächelt. Rechts neben ihm HansJoachi­m, genannt Aki, Watzke, der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung, links neben ihm Michael Zorc, der Sportdirek­tor – und auch die beiden stehen demonstrat­iv dort oben und grinsen, als gäbe es kein Morgen mehr. Man ist mit sich sehr zufrieden. Schließlic­h soll endlich auch wieder „Echte Liebe“drin sein, wo es draufsteht. „Wir haben schon nach den ersten Gesprächen das Gefühl gehabt, dass die Chemie stimmt“, sagt Watzke. „Man hat für nichts im Leben eine Garantie. Aber der Michael und ich machen den Job ja jetzt schon ein paar Jahre und wir glauben, dass die Wahrschein­lichkeit groß ist, dass es klappt.“

Natürlich sind nun alle eifrig damit bemüht, kundzutun, dass es eigentlich überhaupt keine Alternativ­e zur Verpflicht­ung von Peter Bosz gegeben hat. Schließlic­h passe er zum Anforderun­gsprofil nahezu ideal. Die Rede ist von „frischem Offensivfu­ßball“, der „attraktiv“sein soll, der Gegner wird „attackiert“, es soll „eine ausgeprägt­e Struktur im eigenen Ballbesitz zu sehen sein“und das „Gegenpress­ing“darf natürlich nicht zu kurz kommen.

Im Klartext: Bosz soll das Beste aus der Zeit von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel verbinden und weiterentw­ickeln. Dazu auch noch selbst mit einem großartige­n Charakter aufwarten. „Ich bin stolz, dass ich für so einen großen Verein arbeiten darf. Der BVB gehört zu den zehn größten Klubs in Europa – eine junge Mannschaft, die Gelbe Wand, das ist legendär. Ich freue mich darauf“, sagt Bosz.

Natürlich wird großzügig unterschla­gen, dass den Niederländ­er, der in der Endphase seiner aktiven Laufbahn 1998 kurz bei Hansa Rostock unter Vertrag stand, in Wahrheit bis vor wenigen Wochen nur ein sehr exklusiver Kreis in Deutschlan­d auf dem Zettel hatte. Erst durch die Spiele gegen den FC Schalke im Halbfinale der Europa League hat sich das geändert. Im Finale unterlag Amsterdam dann Manchester United.

Bosz war nicht der Wunschkand­idat auf die Nachfolge von Tuchel. Lucien Favre (59) war auserkoren worden. Doch der ehemalige Coach von Borussia Mönchengla­dbach erhielt keine Freigabe von OGC Nizza. Selbst eine Ablöse von fünf bis zehn Millionen Euro ließ die Franzosen nicht ins Wanken geraten. Favres Berater Reza Fazeli brachte schließlic­h einen seiner anderen Klienten ins Gespräch: Peter Bosz.

Der 53-Jährige besaß zwar ebenfalls noch einen Arbeitsver­trag. Doch schon seit einer Weile soll es bei Ajax hinter den Kulissen gewaltig rumort haben. Die Rede ist von Streitigke­iten über die Ausrichtun­g des Vereins. Darüber will Bosz aber lieber nicht mehr sprechen. „Ich gucke jetzt nur noch nach vorne.“Der Widerstand von Amsterdam war jedenfalls nicht sonderlich ausgeprägt, als die Anfrage der Westfalen kam. Oder wie Watzke sagt: „Ajax hat sich sehr kooperativ gezeigt.“Um den Trennungss­chmerz erträglich zu halten, sollen drei Millionen als Ablöse geflossen sein.

Beim BVB unterschri­eb Bosz einen Zweijahres­vertrag. Die Börse reagierte fast euphorisch. Die Aktien des Bundesligi­sten kletterten um bis zu 2,1 Prozentpun­kte auf 6,38 Euro und erreichten den höchsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Der Streit mit Tuchel hat den BVB empfindlic­h getroffen. Es war wie bei einer Beziehung, in der man irgendwann einfach nicht mehr miteinande­r, sondern nur übereinand­er redet. Und mit jedem einzelnen Wort wurde der Schmerz deutlich, der mit der Zeit entstanden ist. Tuchel sah sich von seinen Vorge- setzten falsch dargestell­t, die Führungseb­ene fühlte sich vom 43-Jährigen vorgeführt. Selbst der sportliche Erfolg konnte nicht mehr die in den vergangene­n zwei Jahren entstanden­en Risse verdecken. Mit Bosz soll vieles wieder anders werden. Man merkt Watzke an, dass er eigentlich noch nicht bereit ist für eine neue Beziehung. Doch ein neuer Trainer wurde nun mal jetzt gebraucht. Also nun der neue Versuch.

Nach einer Weile taut Watzke auf. Als Bosz gefragt wird, wie er seinen Namen ausspricht, grätscht Watzke dazwischen und versucht sich in seiner Interpreta­tion. Gelächter. Der Trainer versucht es ebenfalls mit einem Kalauer und sagt: „Ich sage Peter zu mir.“Wieder sind alle nahezu frenetisch ob dieser Lockerheit. Schließlic­h folgt auch noch die Aufklärung: „Es wird Bosch ausgesproc­hen und nicht Boss.“

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FOTO: DPA Das Trio auf dem Podium hatte sichtlich Spaß: Hans-Joachim Watzke, Peter Bosz und Michael Zorc (von links).

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