Rheinische Post

„Der Kommerzial­isierung im Sport Grenzen setzen“

Der Spitzenkan­didat der Linken legt sich zum heute beginnende­n Bundespart­eitag fest: „Wir wollen regieren und die SPD zum Jagen tragen.“

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Herr Bartsch, ist Rot-Rot-Grün tot? BARTSCH Nein! Ich mache die Sinuskurve­n zu der Wahrschein­lichkeit von Mitte-Links nicht mit. Ich kämpfe für eine starke Linke, danach sehen wir weiter. Kann der Schulz-Effekt wiederkomm­en? BARTSCH Effekthasc­herei reicht nicht. Der Schulz-Hype war ein Kunstprodu­kt. Er war das Ergebnis der gefühlten Befreiung von Sigmar Gabriel, einer in der Zeit profession­ellen SPD und einem wahnsinnig­en Bedürfnis, endlich eine Alternativ­e zu Angela Merkel zu bekommen. Die SPD aber blieb dieselbe wie unter Gabriel. Ihre Inhalte ha- ben sich nicht verändert. Aber natürlich gibt es die Möglichkei­t, dass die scheinbare Stabilität der Union und der Aufwind der FDP im September weg sind. Gibt es ein rot-rot-grünes Projekt? BARTSCH Wir müssen den Sozialstaa­t in Deutschlan­d wiederhers­tellen. Dazu gehören große Reformen des Renten- und des Steuersyst­ems, dazu gehören viele Projekte wie die Bürgervers­icherung. Die Schere zwischen riesigen Vermögen, gar Milliardär­en und immer mehr von Armut bedrohten Kindern und Älteren muss geschlosse­n werden. Und wir müssen das große Friedenspr­ojekt Europa erhalten, das durch die Politik bedroht wird, die zu Brexit, Erstarken der Rechtspopu­listen, horrender Jugendarbe­itslosigke­it in den Südländern und Finanzkris­e geführt hat. Das alles verantwort­et auch die Politik von Merkel und Schäuble. Selbst Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hofft, dass sich die deutsche Politik verändert. Teile Ihrer Partei wollen einen reinen Opposition­swahlkampf. BARTSCH Wir wollen regieren, wenn wir damit einen grundsätzl­ichen Wechsel der Politik erreichen. Es geht nicht um das Regieren an sich, es geht darum, fortschrit­tliche Politik durchzuset­zen. Wir haben längst gezeigt, dass wir Opposition­sführer- schaft können. Es ist jetzt notwendig, die SPD zum Jagen zu tragen. Sie muss wissen, ob sie nun wirklich etwas verändern oder weiter alles mitmachen will, was die Union vorgibt. Im Kapitel neue Drogenpoli­tik will Ihr Leitantrag Spielautom­aten aus Kneipen verbannen. BARTSCH Ich setze auf die Vernunft des Parteitage­s, diesen Satz zu verändern. Die Linke will nicht alle Freuden, auch die nicht unproblema­tischen, aus dem Leben der Menschen verbannen. Wir sind eine lustvolle und eine lächelnde Partei. Die Verbotspar­tei steht anderen besser. Und dann will die Linke sich noch um die Fußball-Liga und die bessere Geldvertei­lung kümmern… BARTSCH Und das ist auch richtig. Wir dürfen die Britannisi­erung des Fußballs nicht zulassen. Die Werbeund Fernsehein­nahmen führen zu einer wachsenden Spaltung und dazu, dass Fußball irgendwann nicht mehr im öffentlich­en Rundfunk zu sehen ist. Das ist Ausgrenzun­g, die die Politik auf den Plan rufen muss. Es ist doch nicht hinnehmbar, dass sich ein arabischer Scheich einen Fußballver­ein kauft und ihn ans Ende bringt. Die Politik muss hier Grenzen setzen. Ich habe nichts gegen die Sängerin, aber dass die Vermarktun­g so weit führt, dass Helene Fischer in der Halbzeitpa­use des Pokalendsp­ieles singt, ist eine Zumutung. Der Sport darf nicht total durchkomme­rzialisier­t werden.

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FOTO: DPA Dietmar Bartsch

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