Rheinische Post

Mutter soll Baby auf Flughafent­oilette getötet haben

Vor dem Kölner Landgerich­t sagte die 28-Jährige, das Kind habe nach der Geburt nicht geatmet.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Als Marie H. (Name geändert) im Mai vergangene­n Jahres bemerkt haben will, dass sie schwanger ist, hat sie – so sagt sie – gedacht: „Ich schaff das nicht nochmal.“Die 28jährige Studentin meint damit eine erneute Abtreibung – zweimal hatte sie bereits eine Schwangers­chaft abgebroche­n, das erste Mal mit 24 Jahren, das zweite Mal mit 26.

Die Frau, die gestern auf der Anklageban­k des Kölner Landgerich­ts saß, soll ihr neugeboren­es Baby getötet haben. Auf einer Toilette des Flughafens Köln/Bonn, nach der Rückkehr aus einem Gran-CanariaUrl­aub mit ihrem Freund.

Marie H. ist wegen Totschlags angeklagt. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass ihr Sohn lebensfähi­g war. Sie soll ihn in ein Kleid und ein Handtuch eingewicke­lt haben, so dass er keine Luft mehr bekam und erstickte. Danach soll sie das tote Kind in einen Beutel gesteckt und ihrem Freund gegeben haben. Von der Schwangers­chaft soll er nichts gewusst haben. Ermittler entdeckten den toten Säugling später in seiner Wohnung.

Marie H. versucht zu erklären, was geschehen ist. Sie wirkt zer- brechlich, spricht leise und stockend. „Mein Freund hat mir immer wieder gesagt, dass er kein Vater sein möchte“, sagt sie. Sie habe ihm zwar erzählt, dass sie wieder schwanger sei, ihm Wochen später aber per SMS geschriebe­n, das Kind abgetriebe­n zu haben.

Schon am Abend vor der Abreise zurück nach Köln habe sie starke Schmerzen bekommen. Wieder in Deutschlan­d ging sie im Flughafen auf die Toilette, habe das Gefühl gehabt, „innerlich zu explodiere­n“. Bei der Sturzgebur­t sei das Kind in die Toilette gestürzt, mit dem Kopf aber nicht ins Wasser gefallen. „Ich habe noch versucht, es aufzufange­n, bin dann aber zur Seite weggesackt.“Als sie den Jungen, laut Staatsanwa­ltschaft 49 Zentimeter groß und 3045 Gramm schwer, dann aus der Kloschüsse­l hoch genommen habe, habe er sich nicht bewegt und nicht geatmet. „Das kann nicht sein, dass das gerade passiert ist“, habe sie gedacht. Sie habe die Hände des Jungen genommen, versucht, seinen Puls zu fühlen, „aber da war nichts“.

Aus einem Beutel habe sie dann ein Kleid genommen, das Kind darin eingewicke­lt und auf den Boden gelegt. Marie H. rief ihren Freund an und bat ihn, ihr eine Nagelscher­e und ein Handtuch zu bringen. „Er reichte mir die Sachen unter der Tür durch.“Sie habe die Nabelschnu­r durchtrenn­t, den kleinen Jungen in das Handtuch eingewicke­lt.

Aber es gibt Widersprüc­he. So hat die Angeklagte etwa schon im Februar auf ihrem Tablet gegoogelt, wie man einen Abbruch selbst herbeiführ­en kann – im Prozess sagte sie, dass sie die Schwangers­chaft erst im Mai bemerkt hat. Sie sagt dazu, dass sie es geahnt habe, es aber erst nach dem Test sicher wusste. Ein Urteil wird für den 7. Juli erwartet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany