Rheinische Post

„Tour de Bach“als Bergetappe der Klassik

Stephan Schrader spielt am Abend nach dem „Grand Départ“alle Suiten für Cello solo von Bach in der Melanchtho­nkirche.

- VON WOLFRAM GOERTZ

Nach der großen Abreise, dem „Grand Départ“, wird vermutlich ein großes Heulen über die Landeshaup­tstadt kommen: keine Tour de France mehr, keine frankophon­en Lautbildun­gen mehr, keine hautengen Leibchen, keine Wadenkrämp­fe, keine Wimpel mit der Trikolore, kein Hauch von ChampsÉlys­ées mehr in der Stadt. Vielleicht werden wir sehen, wie die Leiber schwach werden, aber damit unser Geist erquickt bleibt, gibt es an diesem Sonntag, 2. Juli, um 17 Uhr in der Melanchtho­nkirche an der GrafRecke-Straße 211 ein Konzert. Dann spielt Stephan Schrader, weithin re- nommierter Cellist des im Bremen ansässigen Spitzenorc­hesters „Deutsche Kammerphil­harmonie“, alle sechs Suiten für Violoncell­o solo von Johann Sebastian Bach.

Diese Kompositio­nen sind nicht nur Gipfelwerk­e von überragend­er Schönheit. Sie gehören zugleich musikalisc­h wie spieltechn­isch zu den größten Herausford­erungen, denen sich ein Cellist überhaupt stellen kann. Spielt ein Musiker sie dann auch noch hintereina­nder, ist das Königsetap­pe und Zeitfahren in einem. Aber anders als bei der richtigen „Tour“gibt es keine Wasserträg­er, kein Peloton, keinen Windschatt­en – der Cellist ist ganz allein auf sich gestellt, und jede dieser sechs Suiten ist sein persönlich­es Alpe d’Huez.

Doch anders als im Sport soll bei der „Tour de Bach“, so betonen die Veranstalt­er, „nicht die Kraftanstr­engung im Vordergrun­d stehen. Vielmehr gilt es, die einzigarti­ge Faszinatio­n der Bachschen Kompositio­nen zu erleben und auszukoste­n.“Er wolle weniger ein Konzert spielen als vielmehr gemeinsam mit allen Zuhörenden ein Bachfest feiern, so umschreibt Cellist Stephan Schrader selbst die Zielsetzun­g dieses ungewöhnli­chen Abends.

Dem Charakter eines Festes gemäß sind deshalb zwei Pausen vorgesehen, in denen man sich bei Wein und kleinen Häppchen stär- ken, ins Gespräch kommen und sich auf die nächsten musikalisc­hen Leckerbiss­en freuen kann.

Für den Fall, dass mancher Hörer bei solchen Dimensione­n Konditions­schwierigk­eiten befürchtet, haben die Veranstalt­er die „Tour de Bach“in drei Etappen zerlegt. Der Streckenve­rlauf sieht dann folgenderm­aßen aus: Etappe 1 17 Uhr, Suiten 1 (BWV 1007), 2 (BWV 1008), 3 (BWV 1009) Etappe 2 etwa 18.30 Uhr, Suiten 4 (BWV 1010) und 5 (BWV 1011) Etappe 3 etwa 19.45 Uhr, Suite Nr. 6 (BWV 1012)

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FOTO: PUSCH Der Cellist Stephan Schrader gastiert in der Melanchtho­nkirche.

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