Rheinische Post

Das Leben ist seine Inspiratio­n

Jan Michaelis’ Leidenscha­ft sind Cartoons. Schon als Kind war er ganz verrückt nach den Zeichnunge­n. Seinen Lebensunte­rhalt verdient er zwar nicht damit, aber ein paar Zeitungen haben seine Karikature­n schon abgedruckt.

- VON NICOLE KAMPE

OBERBILK Acht, vielleicht neun Jahre muss Jan Michaelis damals gewesen sein, als er stapelweis­e PlayboyHef­te durchwühlt­e. Sein Vater kaufte die Magazine, „er ist Künstler und malte viele Körper“, sagt der heute 48-Jährige. Die Körper der Frauen interessie­rten den jungen Michaelis nicht, was er damit anfangen soll, wusste er nicht. „Wir haben die Funnys gesucht“, sagt Michaelis, und meint damit die Comics, die im Playboy abgedruckt waren. Damals ist sie entstanden, die Leidenscha­ft fürs Zeichnen, seine Liebe zu Cartoons. Heute verdient Jan Michaelis zwar nicht seinen Lebensunte­rhalt damit, aber der Oberbilker verbringt viel Zeit beim Zeichnen.

Ein „Jami“-Cartoon – so unterzeich­net Michaelis seine Werke – wird Ende Juni in einer Ausstellun­g auf der Insel Föhr zu sehen sein. An einem Wettbewerb hat der 48-Jährige teilgenomm­en, dazu aufgerufen hatte Jörg Stauverman­n, Herausgebe­r der Satire-Zeitung „Alles, alles Gute“. „Wale. Kapitäne. Und Kollegen“war das Thema, „Föhr ist ganz bekannt für seine Walfang-Geschichte“, sagt Michaelis, der sofort an Moby Dick dachte, den weißen Wal und Kapitän Ahab. Vier Motive fertigte der Zeichner an, „das schwarz-weiße ist ausgewählt worden“. Darauf zu sehen sind Kapitän und Wal, die beide auf Pferden sitzen und sich mit einer Windmühle im Rücken streng in die Augen starren. „Moby Dick Remake auf Föhr“ hat Jan Michaelis den Cartoon genannt – an Don Quichottes Begegnung mit Windmühlen soll er erinnern, die die Romanfigur für Riesen hält und bekämpfen will.

Ganz klassisch arbeitet Jan Michaelis, ohne Computer, ohne technische Hilfsmitte­l. Mit einem hellblauen Stift zeichnet er seine Ideen vor, am Lichtkaste­n paust er die Skizzen durch. Eigentlich hat Jan Michaelis eine Ausbildung gemacht als Buchhändle­r, in einem Kunstbuchh­andel arbeitete er einige Jahre. Bis er seine Frau kennenlern­te, die ihn animierte, sich selbststän­dig zu machen. Nicht mit dem Zeichnen, sondern als Schreiber. „Halbtags bin ich Schriftste­ller, halbtags arbeite ich bei der Post“, sagt er. Krimi-Kurzgeschi­chten hat Michaelis geschriebe­n, einige Cover selbst illustrier­t. Auch, wenn das Zeichnen immer nur Hobby war, ein paar Zeitungen haben schon Karikature­n abgedruckt.

An die Kunstakade­mie wäre Jan Michaelis gerne gegangen, er stellte sogar ein Portfolio zusammen. „Aber die Konkurrenz war groß“, sagt er. Einen Sommerkurs in Kassel besuchte er irgendwann, wo er von bekannten Zeichnern lernen konnte. „Rattelschn­eck“ist Dozenten gewesen, ein Karikaturi­st, der sehr reduziert zeichnet, fast schon schlampig, wie Michaelis findet, „aber der stark ist in seinem Witz“.

Der Witz mache einen guten Cartoon aus, „auch, wenn meine Witze nicht immer alle verstehen“, sagt Michaelis. Manchmal baut er Gleichniss­e aus der Bibel ein, „die Bibel bietet sich total gut an für Witze“, sagt Michaelis. Besonders gläubig ist er nicht, aus der Kirche ist er ausgetrete­n. Ein bisschen belesen müsse ein Cartoonist aber sein, Inspiratio­n holt sich der 48-Jährige vor allem aus dem Leben. „Ich gehe durch die Stadt, ohne auf der Suche zu sein“, sagt Michaelis. Entdecken muss er die Geschichte­n, die er dann unbedingt zeichnen will. Wie die Szene im Restaurant, als er sich mit einem befreundet­en Künstler getroffen hat und zum Kellner sagte, er hätte gern die Pfeffermüh­le eingepackt. „Für unterwegs, als Pfefferspr­ay“, sagt Michaelis und grinst. Die verrückten Ideen, die er hat, „müssen eben irgendwohi­n“, sagt Jan Michaelis. Am besten auf ein A4Format, bunt oder schwarz-weiß, und mit viel Humor.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Jan Michaelis zeichnet Cartoons, ohne technische Hilfsmitte­l. Ein Bild wird bald in einem Museum auf Föhr ausgestell­t.

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