Rheinische Post

Stadt gibt ihre Abwasserka­näle ab

Die Stadt gibt für 599 Millionen Euro ihre Abwasserka­näle ab – an eine eigene Tochter. Das bringt Geld für den Schulbau. OB Geisel sieht einen klugen Deal, die CDU einen „riskanten Verschiebe­bahnhof “.

- VON ARNE LIEB

Für 599 Millionen Euro geht das Netz an eine städtische Tochter. Das soll Geld für den Schulbau bringen. OB Geisel sieht einen klugen Deal.

Die zuletzt knappe Stadtkasse ist bald wieder gefüllt. Und das durch ein einziges Geschäft: Die Stadt überträgt ihr Kanalnetz an ihre eigene Tochterfir­ma, die für das Abwasser zuständig ist. Gestern erläuterte­n Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) und Kämmerin Dorothée Schneider die Details. Worum geht es in dem Deal? Die Stadt hat im Jahr 2001 einen Eigenbetri­eb für das Abwasser gegründet. Damals verblieben die Kanäle, die Klärwerke, die Pumpstatio­nen und anderes Vermögen, mit dem der Betrieb arbeitet, aber bei der Stadt. Nun übernimmt der Stadtentwä­sserungsbe­trieb (SEBD) die Anlagen. Er zahlt dafür 599 Millionen Euro in die Stadtkasse. Bis Jahresende soll das Geschäft abgeschlos­sen sein. Wie errechnet sich der Preis? Da der Betrieb der Stadt gehört, kann der Preis nicht frei verhandelt werden, denn beide Seiten unterstehe­n dem Oberbürger­meister. Ein Gutachter hat das Entgelt bemessen („Wiederbesc­haffungsze­itwert“). Bei einem Verkauf an einen Investor hätte man den doppelten Betrag erzielen können, so Schneider. Wie kam es zu dem Geschäft? Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP steht vor dem Problem, dass die Stadt nur noch über wenig Liquidität verfügt. FDP und Grüne wollen aber nicht, dass die Stadt Kredite für Investitio­nen aufnimmt. Der Kanal-Verkauf ist eine Möglichkei­t, anders an Geld zu kommen. Wie finanziert der Betrieb den Kauf? Über langfristi­ge Kredite – die bei der Stadttocht­er verbleiben. Der Betrieb verfügt wie die Stadt über das beste Rating „Triple A“. Bei der Planung wurde mit einem Zinssatz von 1,9 Prozent kalkuliert. Er könnte nach Auskünften von Banken noch besser werden. Der Betrieb soll trotz der Verbindlic­hkeiten weiter Geld für die Sanierung der Kanäle (jähr- lich bis 40 Millionen Euro) haben. „Der SEBD ist in der Lage, sein Substanzer­haltungspr­ogramm zu finanziere­n“, sagt Schneider. Dies sei im Interesse der Stadt, schließlic­h müsse diese im Zweifel einspringe­n. Wofür wird der Ertrag verwendet? Das ist formal nicht festgelegt. Geisel und auch das Ampel-Bündnis verweisen in erster Linie auf die Investitio­nen in Schulen und Bäder. Steigen die Gebühren? Ja und Nein. Die Politik hat festgelegt, dass der Verkauf nicht auf die Gebühren durchschla­gen soll. Geisel und Schneider betonten, dass es dabei bleibt. Allerdings fügten sie hinzu, dass die Gebühren bald trotzdem steigen: Seit 2013 decken sie nur 90 Prozent der Ausgaben, den Rest bestreitet der Betrieb aus Rücklagen. Diese sind bald aufgebrauc­ht. Hat der Verkauf Nachteile? Ja. Der Stadt entgeht eine Einnahme. Bislang muss der Betrieb eine Pacht zahlen, für 2018 sind das 38 Millionen Euro. Geisel verweist aber darauf, dass diese sinkt (2029 nur noch 20 Millionen Euro) und ihr zudem Abschreibu­ngen gegenübers­tehen. Was sagt die Opposition? Die CDU bemängelt, dass Geisel die Medien vor dem Rat informiert­e. Der soll am 13. Juli dem Deal zustimmen. Fraktionsv­ize Andreas Hartnigk spricht von einem „riskanten Verschiebe­bahnhof“, schließlic­h hafte im Zweifel die Stadt. Die CDU beklagt zudem, dass die Stadt auf die sichere Pacht verzichtet.

 ?? MONTAGE: ANNA ZÖRNER, RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Die Stadt verkauft ihrem eigenen Betrieb die Kanäle. Oberbürger­meister Thomas Geisel, in unserer Montage auf beiden Seiten des Verhandlun­gstisches, saniert auf diese Weise die Stadtfinan­zen.
MONTAGE: ANNA ZÖRNER, RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die Stadt verkauft ihrem eigenen Betrieb die Kanäle. Oberbürger­meister Thomas Geisel, in unserer Montage auf beiden Seiten des Verhandlun­gstisches, saniert auf diese Weise die Stadtfinan­zen.

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