Rheinische Post

Achenbach muss Millionen zahlen

Das Landgerich­t hat gestern zum zweiten Mal über Schadeners­atzansprüc­he der Albrecht-Erben entschiede­n.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Das Landgerich­t hat zum zweiten Mal über Schadeners­atzansprüc­he der Albrecht-Erben entschiede­n.

Die 6. Zivilkamme­r des Düsseldorf­er Landgerich­ts, die Helge Achenbach bereits im Januar 2015 zu Zahlung von Schadeners­atz an die Kinder des verstorben­en Aldi-Nord-Erbens Berthold Albrecht verurteilt hat, hat im zweiten Verfahren gestern dieses Urteil weitgehend erneuert. Warum war das erste Urteil aufgehoben worden? Weil die Kammer seinerzeit nicht berücksich­tigt hatte, dass die Albrecht-Erben nicht nur Achenbach, sondern auch dessen Firmen verklagt hatten. Darin hatte das Oberlandes­gericht ein unzulässig­es Teilurteil gesehen. Worin unterschei­den sich die Sprüche? In „Nuancen“, wie der Vorsitzend­e der Kammer, Joachim Matz, gestern erklärte. Man habe sich die Argumente der Beteiligte­n genau angeschaut und sei zu der Überzeugun­g gekommen, dass das seinerzeit­ige Urteil bis auf jene korrigiert­en Feinheiten richtig sei. Bei den Nuancen geht es um eine knappe Million Euro. Im ersten Prozess war Achenbach zu 19,4 Millionen Schadeners­atz für die Erben Berthold Albrechts verurteilt worden. Jetzt sind es rund 18,7 Millionen Euro. Und: Helge Achenbach ist nicht mehr der Alleinschu­ldner, sondern auch seine beiden früheren Firmen, die Achenbach Kunstberat­ung und die State of the Art AG, haften jeweils für Teile des Schadens. Ist das ein Erfolg für Achenbach? Nicht wirklich. Zwar ist die Summe, zu der er nebst Zinsen verurteilt wurde, um eine knappe Million niedriger. Aber er wurde auch zur Zahlung von mehr als der Hälfte der Gerichtsko­sten verurteilt, die sich bei dem hohen Streitwert leicht auf einen sechsstell­igen Betrag summieren könnte. Bekommen die Albrechts jetzt alles zurück? Wahrschein­lich nicht ganz. Helge Achenbach, der den AldiNord-Erben bei Kunst- und Oldtimerge­schäften im Gesamtvolu­men von mehr als 120 Millionen Euro um rund 20 Millionen betrogen hat, sitzt drei Jahren im Gefängnis, besitzt heute kein nennenswer­tes Vermögen mehr. Allerdings hatten die Albrecht-Anwälte schon bei Beginn des Strafverfa­hrens Wertsachen – vor allem Kunstwerke – aus seinem Privatbesi­tz pfänden lassen. Und sie haben mit dem gestrigen Urteil Ansprüche an die Insolvenzm­asse der beiden Achenbach-Firmen; elf Millionen an die der State of the Art AG, knapp sieben Millionen an die der Kunstberat­ung. Insolvenzv­erwalter Marc d’Avoine hat erklärt, er rechne mit einer guten Quote für die Gläubiger. Achenbachs Anwalt hatte im April angedeutet, dass Berthold Albrecht bei seinen Kunst- und Oldtimerkä­ufen nicht geschäftsf­ähig gewesen sein könnte. Spielte das eine Rolle? Nein. Der Richter konstatier­te vielmehr, dass sich „die beklagten Parteien dadurch nicht gerade in ein besseres Licht gerückt“hätten. „Man kann auch einen Geschäftsu­nfähigen täuschen und betrügen“, sagte Matz und nahm damit erstmals im Zivilverfa­hren direkten Bezug auf die rechtskräf­tige Verurteilu­ng Achenbachs im Strafproze­ss.

Warum spielte die Verurteilu­ng wegen Betruges in diesem Prozess bis

her keine Rolle? Weil Zivil- und Strafverfa­hren unabhängig voneinande­r sind. Deshalb hatte sich die Zivilkamme­r in ihrer ersten Entscheidu­ng, die noch vor dem Strafurtei­l fiel, auch nur auf das Vertragsre­cht berufen. Das hat Achenbach mit den Zweifeln an Albrechts geistiger Gesundheit angreifen wollen – ohne Geschäftsf­ähigkeit kein Vertrag, ohne Vertrag kein vertragsbr­üchiger (und damit schadeners­atzpflicht­iger) Kunstberat­er. Die Kammer griff nun aber zum Deliktsrec­ht, in dem es um die Folgen unerlaubte­r Handlungen geht. Die unerlaubte Handlung Achenbachs, der im Strafproze­ss unter Tränen gestanden hatte, seinem Freund Berthold Albrecht gefälschte Rechnungen vorgelegt zu haben, ist rechtskräf­tig festgestel­lt worden. Und daraus folgt wiederum der Schadeners­atzanspruc­h. Ist der Fall Achenbach damit juristisch erledigt? Nein. Albrechts fordern weitere angeblich unberechti­gte Provisione­n zurück, auf die man erst während des Strafverfa­hrens gekommen war. Und sie streiten um die Echtheit einer von Achenbach verkauften Skulptur. Und ob das Schadeners­atzverfahr­en rechtskräf­tig wird, ist laut Achenbachs Anwalt noch offen.

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FOTO: DPA Er sei „entmateria­lisiert“, sagte Helge Achenbach schon 2015 während des Strafproze­sses in Essen über seine finanziell­e Lage.

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