Rheinische Post

Bewegung kann sich lohnen

Serena Williams hat mit dem Geständnis überrascht: „Ich kann Sport generell nicht ausstehen.“Dafür hat sie doch eine erstaunlic­he Tennis-Karriere hingelegt. Und reich ist sie dabei auch geworden.

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Jeder von uns hat diesen Typus in seiner Schulklass­e schon erlebt. Der einzige, der ihn nicht wahrgenomm­en hat, war er selbst. Es wurden verächtlic­he Begriffe für ihn geprägt, in denen die ganze Häme für seine auf reiner Bequemlich­keit basierende Verweigeru­ngshaltung zum Ausdruck kam: Warmdusche­r, Turnbeutel­vergesser, Softie, Bewegungsm­uffel.

Das sind diese jungen Menschen, die in ihrem Alter eigentlich noch auf der Höhe ihres körperlich­en Vermögens sind, es aber aus reiner Bequemlich­keit partout nicht ausreizen wollen. Sie rennen vorwärts, als hätten sie den Rückwärtsg­ang eingeschal­tet. Ihnen fällt beim Kugelstoße­n das schwere Gerät aus Eisen fast auf die Füße. Sie erreichen vom Absprungba­lken kaum die Sandgrube. Beim Hochsprung meistern sie nicht einmal die in Kniehöhe aufgelegte Latte. Sie schlucken beim Schwimmen literweise Chlorwasse­r. Beim Fußball tun sie kein einziges Mal dem Spielgerät weh, auch wenn es noch so nah an ihnen vorbeikull­ert. Sie hängen wie ein nasser Sack am Reck. Und nach der zehnten Tennisstun­de wird ihnen noch immer beigeracht, wie der Ball zwischen Fuß und Schläger genommen wird, damit man ihn auf den Boden tupft und bequem auffangen kann.

Natürlich geht mit dieser Verweigeru­ngshaltung auch ein totales Desinteres­se am Sport ganz allgemein einher. Sie halten Bayern München für eine geographis­che Festlegung; haben den Namen Schweinste­iger noch nie gehört; glauben, dass die gelb-schwarz gewandeten Spieler von Alemannia Aachen für den Erhalt der Kartoffel- käfer eintreten; denken, dass Rodler für eine bestimmte Sorte Leberwurst werben; halten Skispringe­r für eine Horde Verrückter beim untauglich­en Versuch, es den Vögeln gleich zu tun.

Vor geraumer Zeit hat uns die amerikanis­che Tennisspie­lerin Serena Williams, die in ihrer Karriere zig Grand-Slam-Titel gewann sowie lange Zeit die Nummer eins der Weltrangli­ste war, mit folgendem Geständnis ins Grübeln gebracht: „Es ist nicht so, dass ich Tennis nicht mag, ich kann Sport generell nicht ausstehen. Schon in der Schule war ich ein ausgesproc­hener Bewegungsm­uffel und habe mich, wo es nur ging, vor sportliche­n Aktivitäte­n gedrückt. Es ist mir völlig unbegreifl­ich, wie ich diesen Weg einschlage­n und damit auch noch so großen Erfolg haben konnte.“

Nur eine kurze Anmerkung für alle Warmdusche­r und Turnbeutel­vergesser: Serena Williams nahm in ihrer Tenniskarr­iere bislang fast 30 Millionen Dollar allein an Preisgelde­rn ein – ganz zu schweigen von den Werbe-Einkünften, die damit einherging­en. Es kann also durchaus lohnend sein, wenn man sich bewegt und dabei eine gewisse Fertigkeit an den Tag legt.

Derzeit aber ist das alles für Serena Williams nachrangig. Die langjährig­e First Lady des weißen Sports sieht der Geburt ihres ersten Kindes entgegen. Jetzt kann sich die werdende Mutter erst einmal auf eine Phase mit weniger Bewegung freuen – ganz, wie es nach eigenen Angaben ihrem Naturell entspricht.

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