Rheinische Post

Saint-Tropez am Kö-Bogen

Zum Auftakt der Tour de France hat die Galerie Kellermann den Kö-Bogen mit farbigen Figuren von Stefan Szczesny geschmückt.

- VON BERTRAM MÜLLER

Stefan Szczesny ist ein Meister des Savoir-vivre, der französisc­hen Lebensart. Von Saint-Tropez, wo er mit seiner Familie wohnt, beliefert er die Welt mit heiteren, in südlichen Farben leuchtende­n Bildern, Keramikarb­eiten und drei bis vier Meter hohen Freiluft-Reliefs aus lackiertem Stahl. Ein Deutscher, der so sehr wie er auf den Spuren von Matisse und Picasso wandelt, ist der richtige Mann, um der Tour de France zum Start in Düsseldorf künstleris­ches Geleit zu geben.

Die Oberkassel­er Galerie Kellermann hat Szczesny vor einem Jahr gebeten, speziell für Klein-Paris einige Großrelief­s zu entwerfen, und der mittlerwei­le 66-jährige Szczesny hat Wort gehalten. Jetzt säumen den Kö-Bogen acht je eine halbe Tonne schwere weibliche Akte, als läge Saint-Tropez am Rhein. Denn auch dort sonnt sich Szczesny zurzeit im Licht der Öffentlich­keit: mit einer vielbeacht­eten Ausstellun­g von mehr als 60 seiner Skulpturen in der dortigen Zitadelle.

Zum Ruhm des Radsports rekeln sich in Düsseldorf vor der neutralen Kulisse des grau-weißen, von Daniel Libeskind entworfene­n Kaufhauses Breuninger abstrahier­te Nackte in Pink, Violett, Gelb, Türkis und Grün, je einfarbig und in unterschie­dlichen Posen: mit Fischen in den Händen, mit wehendem Haar oder mit einer Taube auf den Armen. Das wirkt elegant, vergnügt, befreit – eine Kunst, die dem Betrachter zuruft: Die Welt ist schön, besonders im Sommer.

Das gilt auch für die Werke, die im benachbart­en Hotel Steigenber­ger einige Räume zieren, Bilder und Skulpturen vom Beginn der 80er Jahre bis zur Gegenwart. Dort kann man verfolgen, wie aus dem ungebärdig­en „Jungen Wilden“ein Maler wurde, der in den 90ern mit seinen Streifenbi­ldern ironisch auf die wiedererst­arkende ungegenstä­ndliche Kunst Bezug nahm und wie er auf den Spuren seines Vorbilds Picasso auch die Keramik für sich entdeckte.

Galerist Matthias Kellermann berichtet, Szczesny vollende bis zu 1000 Kunstwerke pro Jahr. In einer keramische­n Phase etwa arbeite er parallel an mehreren Skulpturen. Manchem Gemälde der jüngsten Zeit sieht man an, dass Szczesny ein Maler des schnellen Strichs ist. Das muss kein Makel sein – er hat den Dreh raus.

Wenn man bedenkt, dass Stefan Szczesny sich etwa die Hälfte seiner Zeit als Botschafte­r seiner Kunst auf gesellscha­ftlichem Parkett bewegt und die andere Hälfte im Schaffensr­ausch verbringt, dann bedeutet das: Er bringt mindestens fünf Werke pro Tag zustande – und dabei ist noch nicht einmal Urlaub eingerechn­et.

Zu denen, die ihm die Werke aus den Händen reißen, zählt vor allem der Jetset, der sich in Saint-Tropez trifft: reiche Sammler aus den USA, aus den arabischen Ländern, aus Asien und auch aus Deutschlan­d. Auf mancher Vorstandse­tage hängt hierzuland­e ein repräsenta­tiver Szczesny. Die Akte am Kö-Bogen kosten 39.000 Euro pro Exemplar.

Sie sind dort in guter Gesellscha­ft. In Sichtweite befindet sich Henry Moores „Liegende Figur in zwei Teilen“, Adolf von Donndorfs PeterCorne­lius-Denkmal zu Ehren des ersten Leiters der Kunstakade­mie Düsseldorf und Günther Ueckers übermannsh­oher, ins Pflaster geschlagen­er Nagel, der an die Zeit der Industrial­isierung erinnert. Vielleicht hinterläss­t ja auch die Tour de France ein dauerhafte­s Zeichen – in Gestalt eines jener stählernen Akte, die als Motiv aus Szczesnys Bildern wuchsen. Fotografen haben die Ladies längst in ihr Herz geschlosse­n.

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