Rheinische Post

Radfahrt durch das virtuelle Düsseldorf

Im Videospiel zur Tour de France kann man schon wie die Radprofis durch Düsseldorf fahren – oder zumindest durch eine Stadt, die irgendwie ähnlich aussieht. Das Spiel verrät einiges darüber, wie Franzosen ihr Nachbarlan­d sehen.

- VON ARNE LIEB

Unser Radfahrer trampelt sich voran auf die Oberkassel­er Brücke, und endlich sehen wir das Stadtpanor­ama: Unter uns fließt der Rhein, in der Ferne sind Altstadt und Fernsehtur­m zu erkennen. Ganz so, wie es sein soll, wenn die Kameras auf Düsseldorf gerichtet sein werden. Allerdings steht vor uns: ein Fachwerkha­us. Es ist ein prächtiger Bau, der Füssen oder Garmisch-Partenkirc­hen alle Ehre machen würde. Der aber, das ist sicher, nicht in Oberkassel zu finden ist.

Die Parallelwe­lt, durch die wir radeln, gehört zum offizielle­n Videospiel zur Tour de France 2017. Der französisc­he Entwickler Cyanide bringt in jedem Jahr eine aktualisie­rte Version des Spiels auf den Markt, in dem man einen Radprofi durch das legendäre Rennen steuern kann. Eingebaut sind alle Etappen bis Paris, darunter natürlich der Grand Départ. Daher hat Düsseldorf, als Nebeneffek­t für die TourBewerb­ung, den Auftritt auf Playstatio­n 4 und XBox One gewonnnen.

Wenn man die echte Stadt kennt, ist das ein schräges Erlebnis. Das virtuelle Düsseldorf wirkt angesichts der fotorealis­tischen Grafik an manchen Stellen ganz real, vor allem das Teilstück über die Rheinbrück­en erkennt man gut. Um so kruder sind die Brüche: Die Tonhalle ist weg, auch der Landtag. Und im letzten Stück über Kö und Heine-Allee verliert sich die Strecke ganz in einer fremden Stadt.

Die Entwickler haben nur wenige Bauten nachgebild­et, sie bedienen sich großteils bei einem Bausatz aus Standardge­bäuden. Sie stellen sich Düsseldorf dabei offenbar als einen bunten Mix europäisch­er Baustile vor: In Golzheim säumen einförmige Arbeiterhä­uschen im britischen Stil den Straßenran­d, in der Innenstadt finden sich prächtige Bauten nach spanischem Vorbild. Und auf der Kö – oder dort, wo sie sein müsste – ist von Dior oder Armani keine Spur, dafür gibt es kleine Lädchen, auf deren Markise auf Deutsch „Lebensmitt­el“steht. Und weil Deutschlan­d offenbar sogar in der Vorstellun­g von Franzosen vor allem Bayern ist, gibt es viele urige Fachwerkhä­user. Hoffentlic­h erleiden die realen Besucher aus dem Nachbarlan­d keinen Kulturscho­ck.

Wobei man sagen muss: Die detailgetr­eue Darstellun­g von Düsseldorf ist sicher nicht das wichtigste Verkaufsar­gument. Ob die Welt jetzt Rennrad-Videospiel­e gebraucht hat, lässt sich trefflich diskutiere­n. Aber das Spiel ist einfach zu steuern, wird nicht schnell langweilig. Dazu vermittelt es auf kurzweilig­e Art eine Ahnung davon, wie hart der Weg für die Profis von der Düsseldorf­er Messe bis ins Ziel auf der Champs-Élysées sein wird. Und das erfahren Videospiel­er ganz ohne Wadenkrämp­fe oder den gefürchtet­en Hungerast – zumindest, so lange sich noch Kostbarkei­ten in der heimischen Tiefkühltr­uhe finden. Dafür lässt sich doch über ein paar Fachwerkhä­user hinwegsehe­n.

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SCREENSHOT­S: KOCHMEDIA/RP So sieht es aus, wenn die Radprofis beim Zeitfahren durch Düsseldorf rasen – im Videospiel zur Tour de France 2017. In dieser Einstellun­g ist die Stadt gut zu erkennen.
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Hier ist das bayrisch geprägte Viertel Düsseldorf­s zu sehen, das sich am Fuß der Rheinknieb­rücke befindet.

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