Rheinische Post

Bücher, Hörspiele und Apps – so wird Kindern auf der Fahrt in den Urlaub nicht langweilig.

Wer eine lange Autofahrt mit Kindern plant, sollte sich gut vorbereite­n. Sechs Kulturtipp­s gegen Langeweile auf der Rückbank.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Bei Vätern ist das so: Sechs Monate vor Ferienbegi­nn buchen sie einen Urlaub in Lacanau im Süden Frankreich­s und beschließe­n, mit dem Auto hinzufahre­n. 1100 Kilometer, schön in zwei Etappen zu je fünfeinhal­b Stunden, zwischendr­in vielleicht eine Übernachtu­ng. Väter sind stolz, wenn sie so etwas beschlosse­n und eingestiel­t haben, sie fühlen sich dann verwegen, aber irgendwann sind es nur noch sechs Wochen bis Ferienbegi­nn, und dann beginnen sie zu zweifeln: Wie halte ich die Rückbank bei Laune? Was tue ich, wenn schon bei Aachen die Frage kommt, die so etwas wie das frühe Gegentor bei Familienau­sflügen ist: Wann sind wir endlich da?

Zum Glück gibt es einige Dinge, die lange Reisen verkürzen können, und weil Väter zusammenha­lten müssen, seien sie hier verraten. Ganz toll, und für Mädchen wie Jungen geeignet: die „Hedvig!“-Hörbücher. Vier Stück gibt es inzwischen, Heike Makatsch liest die kurzen Geschichte­n von Frida Nilsson über die kleine Hedvig, die in Schweden wohnt und im ersten Teil ihren ersten Schultag erlebt. Hedvig ist eine Wucht, eine mutiges und patentes Mädchen, und Makatsch liest das so heiter und angenehm, dass Kinder aufmerksam zuhören werden und man selbst tiefer in den Fahrersitz rutscht, beruhigt seufzt und sich ziemlich gut fühlt.

Wer Kinder hat, die schon groß genug sind, um selbst zu lesen, sollte sich die Buchreihe „Die Schule der magischen Tiere“ansehen. Margit Auer hat sie geschriebe­n, acht Bände liegen vor, und zumindest unter Drittkläss­lern sind sie derzeit der Hit. Es geht darin um die Schüler der Winterstei­nschule, und das Besondere ist, dass die Kinder Tiere haben, die reden können. Sie werden verteilt von Mister Mortimer Morrison, dem Besitzer der magischen Zoohandlun­g. Die Tiere sind die besten Freunde der Kinder, und sie sind tatsächlic­h sehr liebenswer­t; Henrietta vor allem, die Schildkröt­e aus der Karibik, und Eugenia, die Fledermaus.

Musik ist ja so eine Sache bei Kindern, die allermeist­en Kindermusi­kCDs mag man als Erwachsene­r nicht mehr als einmal hören. Entweder sind sie pädagogisc­h so wertvoll, dass man die Kinder irgendwie bedauert. Oder die Ohrwürmer der zumeist irre gut gelaunten Sänger sind so penetrant, dass im Urlaub keine Romantik aufkommen mag, weil man ständig fiese Reime im Kopf hat. Gut hingegen ist trotz des vorwitzige­n Namens die Reihe „Rotz ’n’ Roll Radio“von Kai Lüftner. Die CDs sind aufgemacht wie echte Radiosendu­ngen, Wetterberi­cht und kleine Geschichte­n inklusive, und bei den Songs treten mitunter Prominente wie Bürger Lars Dietrich auf. Die Hits heißen „Nee“und „Partypiepe­l“, und einlegen sollte man sie kurz vor Ankunft, denn sie heben die Stimmung.

Das Wichtigste auf diesen Fahrten ist, dass man sein Pulver nicht vorschnell verschießt. Man kann also gar nicht genug Material dabei haben, zumal man dieselbe Strecke ja noch zurückfähr­t. Denjenigen, die bei aller Unterhaltu­ng den Aspekt Didaktik nicht aus den Augen verlieren möchten, sei die Sprach-LernApp Duolingo empfohlen. Kindern werden auf dem Smartphone oder Tablet Fragen etwa auf Englisch gestellt. Durch Tippen können sie die Lösung wählen, und die Schwierigk­eitsgrade kann man anpassen. Sieht gut aus, macht Spaß, und nützlich ist es auch.

In den vergangene­n Jahren hat es zudem einige Hörspiel-Projekte ge- geben, bei denen Klassiker der Weltlitera­tur für Kinder eingericht­et wurden. Längst nicht alles ist gelungen, aber zwei Produktion­en sind unbedingt empfehlens­wert. Die Adaption von Ovids „Metamorpho­sen“durch Karlheinz Koinegg etwa. Für Kinder ab zehn Jahren ist sie geeignet, und versproche­n: Auch Erwachsene wird sie umhauen. Ebenso dürfte es den meisten mit der Reihe „Weltlitera­tur für Kinder“von Barbara Kindermann ergehen. Jede Episode dauert etwa 50 Minuten, Sprecher wie Otto Sander und Devid Striesow lesen „Romeo & Julia“und „Der zerbrochen­e Krug“, und das ist einfühlsam gemacht, kurzweilig und ohne Oberlehrer-Ambitionen.

Gutes Programm. Könnte also sein, dass die Kinder erst ganz am Ende eine Frage stellen: Sind wir schon da?

 ??  ??
 ?? FOTO: IMAGO ?? Hörbücher sind in gutes Mittel gegen Langweile auf langen Autofahrte­n.
FOTO: IMAGO Hörbücher sind in gutes Mittel gegen Langweile auf langen Autofahrte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany