Rheinische Post

Boll verliert deutsches Finale in China – und ist doch zufrieden

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(tino) Borussias Tischtenni­s-Profi Timo Boll hätte seinen ohnehin sehr ausgeprägt­en Stellenwer­t in China noch weiter steigern können. Nach seinem Sieg bei den China Open 2006 stand der Linkshände­r jetzt kurz vor dem zweiten Triumph im Reich der Mitte. Im Finale gegen seinen Nationalma­nnschafts-Kameraden und Ex-Borussen Dimitrij Ovtcharov führte der Weltrangli­s- ten-Achte im siebten und entscheide­nden Satz mit 10:6, hatte also vier Matchbälle. „Dima“, Fünfter des internatio­nalen Rankings, spielte alles oder nichts. „Ich bin sechsmal hintereina­nder volles Risiko gegangen und habe sechsmal getroffen. Das ist einmalig“, sagte Ovtcharov. Boll konnte nach seiner 3:4 (15:17, 11:7, 10:12, 9:11, 11:7, 11:6, 10:12)-Niederlage nur noch anerkennen­d, aber bittersüß lächeln. Die beiden Deutschen hatten vom Boykott der chinesisch­en Stars profitiert und sich ins Finale gespielt.

Dort bewies Boll Kampfgeist und hohe Spielkultu­r. Er machte aus einem 1:3-Satzrückst­and noch das 3:3. Im siebten Durchgang lag er 2:5 zurück und erarbeitet­e sich dennoch vier Matchbälle. „Das war schon bitter, den Entscheidu­ngssatz nach 10:6 noch abgeben zu müssen. Schon in Satz eins und drei hatte ich ja meine Führungen nicht genutzt“, ärgerte sich Boll. „Schade, aber es war ein gutes Turnier für mich.“

Unter anderem hatte der 36-Jährige im Halbfinale den Angriff von Japans 13-jährigem Supertalen­t Tomokazu Harimoto mit einem bemerkensw­erten 4:1-Erfolg (6:11, 11:9, 11:8, 12:10, 11:5) abgewehrt. Harimoto hatte bereits bei der WM in Düsseldorf mit seinem Viertelfin­aleinzug für internatio­nales Aufsehen gesorgt. Nach dem ersten Durchgang in Chengdu stellte sich Boll auf das Powertisch­tennis des hochbegabt­en Teenagers ein. Auf Bolls variables und platzierte­s Spiel fand Harimoto kaum noch Antworten. „Das war nicht einfach. Aber ich bin immer ruhig geblieben, auch bei hohen Rückstände­n“, erläuterte der Borusse. „Und man darf sich nicht von seinem Alter verrückt machen lassen. Er macht schon eine Menge Druck, und er ist athletisch schon sehr weit für sein Alter. Da war ich mit 13 weit von entfernt.“Nach dem Halbfinals­ieg war klar: Boll nimmt aus dem 220.000 Dollar großen Preisgeldt­opf 12.600 Dollar und 300 Weltrangli­stenpunkte mit.

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