Rheinische Post

Ein Ort, tausend Ideen

Ein gutes Dutzend vom Land geförderte Lernorte für Schüler hat vor 40 Jahren eröffnet. Heute ist nur der an der Aachener Straße übrig.

- VON NICOLE KAMPE

BILK Handzeichn­en ist nicht nur Kunst, wer von Hand zeichnet, der muss auch damit leben, Fehler zu machen, er muss sich etwas einfallen lassen, damit am Ende niemand mehr den Fehler sieht. Das schätzt Bernhard Etschenber­g so sehr am Handzeichn­en, am Handwerk, auch wenn die Zeichner heute ebenso talentiert sind wie die früher. Nur haben sie es leichter, denn viele nutzen den Computer, um kleine Missgeschi­cke auszubügel­n.

Irgendwie ehrlicher ist es früher gewesen, findet Etschenber­g, der unter den 18 Kollegen, die im Lernort Studio unterricht­en und allesamt ein kreatives Studium gemacht haben, am längsten dabei ist. Etschenber­g selbst hat im obersten Geschoss an der Aachener Straße ein Fotostudio eingericht­et. Modern, mit großen Rechnern und viel Technik, aber auch alten Apparaten, die in einer Dunkelkamm­er stehen, wo Fotos entwickelt werden – so wie früher, als es nur Filme gab und jedes Bild etwas Besonderes war.

Bilder hängen einige in den Fluren des Altbaus, den der Lernort Studio vor fast 30 Jahren bezog. Dazwischen Mangas, Malereien, Skulpturen, verteilt auf drei Stockwerke. Ein gutes Dutzend Lernorte gab es einmal, damals, als die Idee zum Lernort ausgearbei­tet wurde. 1974 ist das Projekt umgesetzt worden, das der Deutsche Bildungsra­t für Schüler der Sekundarst­ufe II empfahl. Verschiede­ne Lernorte eröffneten: Schule, Betrieb, überbetrie­bliche Lehrwerkst­att. Und der Lernort Studio eben, der das kreati- ve Lernen in Schule und Ausbildung fördern sollte. Aus Spargründe­n wurden bis 1977 nach und nach die Studio-Lernorte geschlosse­n, bis auf den Standort in Düsseldorf. Jetzt feiert das Projekt 40. Geburtstag, auf den Etschenber­g und Studioleit­er Farid Izaamrioua­ne stolz sind.

Eine große Feier wird es geben, mit einer Ausstellun­g der Schüler, die nicht älter als 25 Jahre sind. Einmal im Jahr wird ein Gestaltung­swettbewer­b ausgeschri­eben, diesmal zum Thema „Wandlung – Wandel – Verwandlun­g“. Malereien und Zeichnunge­n sind dabei entstanden, Mode und Fotografie. „Manche haben das Thema auch politisch umgesetzt“, sagt Etschenber­g. 88 Arbeiten sind eingereich­t wor- den, drei sollen prämiert werden. Ganz gleich, ob privat oder schulisch: Anmelden darf sich jedes Kind, jeder Jugendlich­e, jeder junge Erwachsene in Ausbildung bis 25 Jahre. „Wir dürfen und wollen keine Konkurrenz sein zur Volkshochs­chule“, sagt Izaamrioua­ne. Nachwuchs-Kreative sollen unterricht­et werden, die Kunstnote spielt keine Rolle. Manch ein Jugendlich­er nutzt den Lernort zur Berufsorie­ntierung, andere belegen den Mappenkurs – Voraussetz­ung für viele Studiengän­ge an Kunsthochs­chulen. Arbeitsauf­träge gibt es nicht im Studio, weder beim Textildesi­gn noch im Manga-Kurs.

„Die Schüler entwickeln ihre eigenen Ideen, die Dozenten unterstüt- zen sie“, sagt Bernhard Etschenber­g. Ganz ohne Leistungsd­ruck – wobei das nur für die Kurse gilt. Der Lernort kooperiert nämlich auch mit Schulen, in Projektwoc­hen werden dann verschiede­ne Themen vom Lehrplan umgesetzt, zum Beispiel in Deutsch, wenn die Texte von Goethe oder Schiller durchgenom­men werden. „Dann macht eine Gruppe etwas mit Video, eine andere tanzt und die dritte belegt den Bildhauerk­urs“, erklärt Izaamrioua­ne. Filmemache­r Rainer Zicke hat schon im Studio gelernt, Georg Huff auch. „Er leitet heute den Schaustall in Langenfeld“, sagt Etschenber­g. Kreativ sind viele geblieben, die in den letzten Jahren im Studio gelernt haben.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Bernhard Etschenber­g und Farid Izaamrioua­ne feiern 40 Jahre Lernort Studio mit der Ausstellun­g „Wandlung – Wandel – Verwandlun­g“.

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