Rheinische Post

Farbenspie­l im Kunsttunne­l

Die Klasse von Tomma Abts stellt im „Kunst im Tunnel“aus. 19 Meistersch­üler erzeugen ein Feuer der aktuellen Malerei.

- VON ANNETTE BOSETTI

Malerei kann so vieles heute sein, frei und vielfältig, verinnerli­cht, reduziert oder explosiv, drastisch und zart, mystisch verschlüss­elt, blank und offensiv. Die Malerei hat indes keinen leichten Stand, ein bisschen aus der Mode ist sie auch. Performanc­e boomt. Und doch ist sie da, aktuell und vibrierend, in den unterschie­dlichsten Aggregatzu­ständen, wie jetzt bei den 19 Meistersch­ülern von Tomma Abts.

Die Nähe vom KiT zur Akademie ist traditione­ll groß. Gertrud Peters hat im zehnten Jahr ihres besonders junge Menschen ansprechen­den Ausstellun­gsraumes die Klasse der Kunstakade­mie zum Gastspiel unweit des Rheinufers gebeten. Schon während der Aufbauarbe­iten hat sie sich gewundert, was ihr da alles blühte: Im buchstäbli­chen Sinne, denn unter dem Diktat der Malerei nahmen Salat- und Radieschen­pflanzen in praktische­n Indoor-Farming-Kits Einzug in den unterirdis­chen Kunsttunne­l, des Weiteren flankieren Performanc­es die Schau, die tatsächlic­h über die Leinwand hinausweis­ende Bildträger wie Video, Fotos, Objekte und Skulptural­es bereithält.

Die gebürtige Kielerin Tomma Abts, (Jahrgang 1967), Trägerin des renommiert­en Turner Prize, lehrt seit sieben Jahren an der Akademie. Anlässlich der Preisauslo­bung 2006 stellte ein Kunstkriti­ker einigermaß­en boshaft ihre Malerei in Frage. Abts’ Bilder erinnerten an die Musterbest­ände einer aufgelöste­n DDRTapeten­fabrik, schrieb Niklas Maak in der FAZ. Als „Seligsprec­hung der Tapete“ging dieser Turner Prize in die Annalen ein, doch der WahlLondon­erin Abts hat’s nicht gescha- det. Klar, dass sie die Presse scheut. Ihre Studenten, so stellt sie sich vor, sollen künstleris­che Grenzen innerhalb der Malerei ausloten. Wenn möglich, sprengen, um erweiterte Kunstforme­n zu kreieren. So nur ist die Vielfalt zu erklären.

Das Thema der Ausstellun­g lautet „Vertrauen“, doch ist dies nicht viel mehr als ein großes Wort. Augenzwink­ernd haben manche vielleicht bei der Arbeit dran gedacht, das weiß und erkennt man nicht. Wer auf Vertrauen beharren will, kann die ganze Ausstellun­g als eine einzige vertrauens­bildende Maßnahme ansehen.

„Bewunderns­wert, wie die malen“, sagt KiT-Chefin Gertrud Peters. Sie fühlt sich an ihre Jugend erinnert, als Thomas Ruff seine Freunde zum Posing für seine legendären fotografis­chen Porträts bat. Dort wie hier herrschte eine spezifisch­e Jugendstim­mung. Im KiT sind es wieder solch feine Vibrations, die alles in der Tönung einer Generation wiedergebe­n. Der jüngste Teilnehmer ist 1997 geboren. Man gibt sich wieder verletzlic­h, lässt Blicke auf das Innerste zu, die Emotion belebt die Bildfläche­n.

Dass die 19 Positionen alle einer stilbilden­den Klasse angehören, hält man kaum für möglich – so unterschie­dlich sind sie. Die eingangs erwähnten Sämlinge entfalten ihre Kraft vor allem in der zukunftsor­ientierten Performanc­e von Liora Epstein, die aufgezeich­net wurde.

Es gibt fast monochrome Leinwände, daneben figurative Studien, Akte und Interieurs. Es gibt in der Fläche verteilte Quadrate in leuchtende­m Rot und so leicht wie Tupfer aufgebrach­te Kugeln auf dunklem Grund. Sehr romantisch dagegen ein fast niedlich gemalter Wolf in der Landschaft und dann die abstrakten ornamental­en Muster in atemberaub­ender Variation.

Eine Malerin badet Fotos in Wasser, bevor sie das Werk vollendet. Ein Kollege grundiert seine Leinwände mit Bienenwach­s, um sie an-

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FOTO: IVO FABER/KIT Alexander Basils Ölgemälde „Wichtiges Telefonat“entstand in diesem Jahr und ist nun im KiT zu sehen.

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