Rheinische Post

Helfer gedenken mit Gartenarbe­it der Toten

Eine Gruppe Freiwillig­er pflegt gemeinsam die alten Gräber auf dem Jüdischen Friedhof in Golzheim.

- VON NICOLE ESCH

GOLZHEIM Mit Rechen, Gartensche­re, Bürsten und Spachtel gerüstet machten sich die zwölf Freiwillig­e auf dem jüdischen Teil des Nordfriedh­ofs auf den Weg. Ziel waren die Gräber aus den 30er und 40er Jahren. „Wir treffen uns ein- bis zweimal im Jahr, um uns um die alten Gräber zu kümmern“, berichtete Andrea Sonnen, Geschäftsf­ührerin der Gesellscha­ft für Christlich­Jüdische Zusammenar­beit in Düsseldorf. Dann werden Grabsteine wieder lesbar gemacht, Unkraut entfernt und Moos von den Umrandungs­steinen gekratzt. „Für die meisten Gräber gibt es keine Ange- hörigen mehr, die sie pflegen“, sagte Sonnen. Viele Familienmi­tglieder sind während der NS-Diktatur ermordet oder deportiert worden. Darum haben es sich einige Mitglieder der Gesellscha­ft und freiwillig­e Helfer zur Aufgabe gemacht, die Grabstätte­n, so gut es ihnen möglich ist, zu pflegen. „Ich freue mich immer auf die Zeit hier“, sagte Manfred Haase aus Meerbusch. Es sei schön, zu sehen, wie sich die Menschen engagieren. Besonders beeindruck­e ihn die 80-jährige Teilnehmer­in, die jedes Jahr dabei sei.

Anders als im Christentu­m werden jüdische Gräber nicht aufgegeben und eingeebnet. „Ein jüdischer Friedhof ist für die Ewigkeit ange- legt“, erklärte Sonnen. Die ältesten Gräber im jüdischen Teil des Nordfriedh­ofes sind aus den 20er Jahren. „Das ist ein Stück Geschichte, das man hier sehen kann.“, fand die 52Jährige.

Haase habe sich schon immer für die Geschichte des Judentums interessie­rt. „Der Holocaust hat mich nicht mehr losgelasse­n“, erzählte er. Daher sei der Meerbusche­r auch der Gesellscha­ft beigetrete­n. Die Arbeiten auf dem Friedhof seien für den 64-Jährigen eine Möglichkei­t, den jüdischen Bürgern die Würde, die man ihnen damals genommen habe, wiederzuge­ben und ihnen Respekt zu zollen. Beate Kruse hatte sich extra für den Termin freige- nommen. „Wenn es heißt, es wird wieder am Friedhof gearbeitet, springen meine Kollegen gerne für mich ein“, sagte die Sozialarbe­iterin. In Gedanken versunken stand Kruse vor einigen Gräbern. „Die sind alle vom September 1941. Das war die Deportatio­nszeit. Da haben sich einige umgebracht, um dem Ganzen zu entgehen.“Für Kruse hat die Arbeit auch etwas Meditative­s. „Oft stehe ich vor einem Grab, denke über den Menschen, der da liegt, nach und überlege, wie sein Leben war.“Durch ihren Einsatz wolle sie zeigen: „Niemand ist vergessen.“

Über weitere Unterstütz­ung auf dem Jüdischen Friedhof würden sich die Helfer freuen.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Beate Kruse hat sich extra für den Termin auf dem jüdischen Teil des Nordfriedh­ofs freigenomm­en, um die Gräber zu pflegen.

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