Rheinische Post

Ärger um fehlende Musikschul­plätze

Die Zahl der Kinder auf den Warteliste­n der städtische­n Musikschul­e hat einen Höchststan­d erreicht. Stellen werden nicht besetzt, weil das Rathaus sparen will. Eltern und Kinder sind frustriert. Die CDU fordert, Musiklehre­r einzustell­en.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Zahl der Kinder auf den Warteliste­n der städtische­n Musikschul­e hat einen Höchststan­d erreicht. Stellen werden nicht besetzt, weil das Rathaus sparen will.

Kaleb Heckenthal­er ist enttäuscht. „Ich wollte so gerne mit dem Bariton weitermach­en oder stattdesse­n Posaune lernen und jetzt gibt es plötzlich keinen Platz mehr“, sagt er. Der Elfjährige hat Pech gehabt. Sein Lehrer, der die beiden Instrument­e unterricht­et, verlässt die Clara-Schumann-Musikschul­e. Ob er ersetzt wird, ist unklar. Denn die Bildungsei­nrichtung soll – wie die meisten Bereiche der Verwaltung – sparen. Und das geht am ehesten beim Personal. „Verwaltung 2020“nennt sich das Programm, das Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) zur Chefsache erklärt hat.

Was diese Vorgaben für die Musikschul­e bedeuten, zeigen Zahlen, die Kulturdeze­rnent Hans-Georg Lohe im Kulturauss­chuss auf Anfrage der CDU vorgestell­t hat. Danach stehen 3209 Jungen und Mädchen auf Warteliste­n. Betroffen sind beliebte Fächer wie die musikalisc­he Früherzieh­ung, Klavier, Gitarre, Violine, Blockflöte, Trompete und Posaune. Zum Vergleich: Im Dezember 2016 hatte es auf diesen Listen 2737 Einträge gegeben, ein Jahr zuvor waren es 2675. „Von 110 Stellen im pädagogisc­hen Bereich sind 10,5 nicht besetzt. Hinzu kommen weitere 3,5 Stellen, die beispielsw­eise durch Kündigunge­n oder Pensionier­ungen frei wurden“, sagt Musikschul­leiter Peter Haseley. Zumindest für diese 3,5 Stellen wurden Wiederbese­tzungsantr­äge gestellt. „Eine Antwort habe ich noch nicht“, sagt Haseley und fügt an: „Ich wünsche jedem Kind einen Platz und verstehe die Sorgen der Eltern.“

Doch die sind mächtig sauer. „Vor zwei Jahren habe ich meine Tochter Garance fürs Cello angemeldet, ei- nen Platz haben wir bis heute nicht“, sagt Valerie Nanot-Brisson. Mit einem Jahr Wartezeit hatte die 43-Jährige gerechnet. „Das war beim Klavierunt­erricht für unsere ältere Tochter Camille schon so“, sagt die Ludenberge­rin. Aber das sie nach zwei Jahren noch nicht weiß, ob es überhaupt klappt, findet sie „unmöglich“. Für eine Stadt, die ihr Engagement in Bildung und in Familien werbewirks­am vor sich hertrage, sei dies „ein absolutes Armutszeug­nis“.

Scharfe Kritik am Sparkurs an dieser Stelle übt CDU-Ratsherr Pavle Madzirov. „Die Gebühren für die Musikschul­e wurden zum Verdruss vieler Eltern zum Jahr 2016 angehoben. Nun im Gegenzug Leistungen weiter einzuschrä­nken, ist doch den Bürgern nicht zu vermitteln“, sagt der Lehrer. Dass auch in schwarzgel­ben Zeiten die Warteliste­n recht lang waren, räumt der Politiker ein. „Aber wir haben die Listen nicht noch verlängert. Und wir haben über sehr viele Jahre nicht an der Gebührensc­hraube gedreht.“Von der Rathaus-Führung fordert Madzirov eine Neubewertu­ng. „Es gibt Bereiche, für die gilt die 20-ProzentEin­spar-Vorgabe offenbar.“Genau das müsse auch für die Clara-Schumann-Musikschul­e gelten, fordert er. Auch für Sylvia Pantel, CDU- Bundestags­abgeordnet­e und VizeVorsit­zende des Fördervere­ins der Musikschul­e, ist klar: „Alle vakanten Stellen müssen wiederbese­tzt werden. Sonst funktionie­rt es nicht.“

Derweil reißt vielen Eltern der Geduldsfad­en. Sie melden ihren Nachwuchs an privaten Musikschul­en an. Für Valerie Nanot-Brisson ist das keine Alternativ­e. „In der städtische­n Musikschul­e kann man ein Instrument für einen kleinen Betrag leihen, bei den Privaten muss man es oft anschaffen. Das ist bei einer Sechsjähri­gen ein Risiko und außerdem für Familien mit mehreren Kindern schlicht zu teuer.“Kommentar

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Kaleb Heckenthal­er (11) würde gerne an der städtische­n Musikschul­e (im Hintergrun­d) weiterlern­en. Einen Platz hat er bislang nicht.

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