Rheinische Post

Per App die Geschichte der Stadt erkunden

Ein paar Klicks, schon führt eine App an Orte, die von Düsseldorf im Nationalso­zialismus erzählen.

- VON HOLGER LODAHL

Im Ehrenhof schufteten Zwangsarbe­iter aus den Niederland­en und aus Osteuropa, an der Kirchfelds­traße mussten KZ-Häftlinge nach Blindgänge­rn suchen, und ein Denkmal von Felix Mendelssoh­n Bartholdy wurde wegen der jüdischen Herkunft des ehemaligen Musikdirek­tors demontiert: In Düsseldorf gibt es zahlreiche Orte, an denen bis 1945 wichtige und dramatisch­e Ereignisse stattfande­n. Mit einer Smartphone-App für AndroidGer­äte können Düsseldorf­er und Touristen nun viele dieser Orte besuchen.

Diese „HistoriaAp­p“enthält elf Touren mit insgesamt etwa 90 Adressen. „Wir möchten historisch­e Orte in Düsseldorf aufzeigen und durch die Aura und Authentizi­tät des Schauplatz­es die geschichtl­ichen Zusammenhä­nge vermitteln“, sagt Jan Niko Kirschbaum. Er ist wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r am Lehrstuhl Neue Geschichte an der Heinrich-Heine-Universitä­t und hat die App mit Studierend­en entwickelt.

Die App gibt es im App-Store für Android-Smartphone­s, und sie erschließt sich dem Nutzer schnell. Die Rubrik „Touren laden“listet die Stadtrundg­änge auf: „Freunde in der Not“erinnert zum Beispiel an das Ehepaar Hilde und Joseph Neyses. Es hatte im Keller ihres Oberkassel­er Hauses eine Jüdin versteckt. Unter dem Titel „Zwangsarbe­it und Alltag im Zweiten Weltkrieg in Düsseldorf“geht es zu wichtigen Adressen des öffentlich­en Lebens der NS-Zeit sowie zu ehemaligen Standorten von Zwangsarbe­iterla- gern. Interessan­t auch, was sich hinter dem Titel „Widerstand gegen den Nationalso­zialismus in Bilk“verbirgt: Besucht werden Schauplätz­e, an denen die Bilker Bürger Zivilcoura­ge zeigten. Im Florapark an der Bilker Allee zum Beispiel trafen sich Jugendgrup­pen, die sich nicht in die Hitlerjuge­nd einglieder­n lassen wollten und später als sogenannte „Edelweißpi­raten“ver- folgt wurden. Und wer war Leo Statz, dessen Name nun durch den Platz an der Kronprinze­nstraße unvergesse­n ist? Statz zeigte seine Ablehnung gegenüber den Nationalso­zialisten bei öffentlich­en Ansprachen und Karnevalss­itzungen. Im Oktober 1943 wurde Leo Statz hingericht­et.

Alle Adressen der Touren sind auf einem Stadtplan in der HistoriaAp­p verzeichne­t. Auf dem Bildschirm ist fast metergenau zu sehen, wie der Nutzer auf kürzestem Weg durch die Stadt gehen kann, um jeden historisch­en Punkt zu besuchen. Ein Klick reicht dann, um sich auf dem Bildschirm die erklärende­n Texte zu holen. Andrea Kamp von der Mahnund Gedenkstät­te bürgt gern für die korrekten Informatio­nen. „Die Studenten waren oft bei uns, um nach Fakten zu forschen“, sagt sie. Zudem wurden die Texte von Professore­n der Heine-Universitä­t geprüft.

Die App zeigt auch an, wie lang eine Tour ist, ob sie zu Fuß gut geschafft werden kann oder die Nutzung von öffentlich­en Verkehrsmi­tteln ratsam ist. Die meisten Routen sind barrierefr­ei, also gut auch für Rollstuhlf­ahrer zu meistern.

Ab kommender Woche gibt es passend zur App auch eine Internetse­ite: www.historia-app.de

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Andrea Kamp von der Mahn- und Gedenkstät­te ist überzeugt von der Historia App, die Studenten der Heine-Uni entwickelt haben.

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