Rheinische Post

Portes Sturz überschatt­et Königsetap­pe

Der australisc­he Mitfavorit auf den Gesamtsieg bei der Tour de France knallt auf einer Abfahrt gegen eine Felsböschu­ng.

- VON ANDREAS ZELLMER UND STEFAN TABELING

CHAMBÉRY (dpa) Ein Horrorstur­z von Mitfavorit Richie Porte bei Tempo 80 hat die Königsetap­pe der 104. Tour de France überschatt­et – und auch den hinterhält­igen Angriff von Fabio Aru auf Tour-Favorit Chris Froome zur Nebensache verkommen lassen. Der Australier kam gestern auf der rasenden Abfahrt der neunten Etappe vom Mont du Chat von der Straße ab, überschlug sich und knallte mit voller Wucht gegen eine Felsböschu­ng. Für Porte endeten die Tour-Hoffnungen im Krankenhau­s. Laut Angaben des BMCRennsta­lls erlitt der Kapitän Brüche an Schlüsselb­ein und Hüftpfanne sowie großflächi­ge Schürfverl­etzungen. Er sei stets stabil und bei Bewusstsei­n gewesen.

Auch die Konkurrent­en Nairo Quintana (Kolumbien) und Alberto Contador (Spanien) muss Froome kaum mehr fürchten, beide wurden bei der Kletterpar­tie über 4600 Höhenmeter und drei Berge der höchsten Kategorie (Col de la Biche, Grand Colombier und Mont du Chat) abgehängt.

Den Tagessieg holte sich der Kolumbiane­r Rigoberto Uran im FotoFinish vor dem Franzosen Warren Barguil vom deutschen SunwebTeam. Froome belegte den dritten Platz und sicherte sich vier Sekunden Zeitgutsch­rift. Damit liegt er in der Gesamtwert­ung vor dem heutigen Ruhetag nun 18 Sekunden vor Aru. Der italienisc­he Meister ist noch der einzige ernsthafte Rivale. Dass er mit allen – auch unfairen – Mitteln kämpft, zeigte der AstanaProf­i am letzten Anstieg. Bei einem Defekt von Froome blies er sofort zur Attacke – eine grobe Unsportlic­hkeit, für die er keine Mitstreite­r fand. Von seinem Team wurde er daraufhin offenbar zurückgepf­iffen, auch verweigert­en ihm die anderen Fahrer in der Gruppe die Folgschaft. Ihr Anführer war wohl Porte. Aru schlug wütend auf seinen Lenker.

Bis auf die Schrecksek­unde hatte Froome alles im Griff, auch als Einzelkämp­fer ließ der Sky-Kapitän kei- ne Angriffe auf das Gelbe Trikot zu. Außerdem bewies der 32-Jährige seine Abfahrtsqu­alitäten. Dabei musste er den Verlust von Edelhelfer Geraint Thomas in Kauf nehmen. Der Auftaktsie­ger von Düsseldorf, der bis zur fünften Etappe Gelb getragen hatte, kam auf der Abfahrt vom Col de la Biche zu Fall und erlitt einen Schlüsselb­einbruch.

Angesichts der Überlegenh­eit bekam auch Emanuel Buchmann die Grenzen aufgezeigt. Hatte der junge Ravensburg­er am Samstag noch als Mitglied einer Ausreißerg­ruppe die Sky-Mannschaft ins Schwitzen gebracht, konnte er am Ende der schweren Etappe das Tempo der Fa- voriten nicht mehr mitgehen. Mit 7:13 Minuten Rückstand kam er als 24. in Chambéry an. „Es lief einfach nicht so gut“, sagte er.

Die Schlüssels­zenen der Etappe erlebte Buchmann nur noch aus der Ferne. Am letzten Anstieg schlug Froome ein hohes Tempo an. Zahlreiche Rivalen mussten abreißen lassen. Porte ließ sich indes nicht abschüttel­n. Doch auf der Abfahrt kam der 32-Jährige vom Asphalt ab, stürzte beim Versuch, zurückzufa­hren und flog ungebremst gegen die Felswand. Dabei riss er auch Daniel Martin mit. Der Ire stürzte über ihn konnte aber weiterfahr­en und wurde Neunter. Bei Porte waren sofort die Rettungskr­äfte, seine Halswirbel­säule wurde stabilisie­rt.

Aufgrund der nassen Strecke hatte es etliche Stürze gegeben, wie den von Geraint Thomas. Schon beim Giro d’Italia hatte der Waliser nach einem Sturz aufgeben müssen. In Erinnerung ist auch noch sein spektakulä­rer Abflug bei der Tour 2015 auf dem Weg nach Gap. Auch Buchmanns Kapitän Rafal Majka stürzte auf derselben Abfahrt. Mit fast 40 Minuten Rückstand erreichte der Pole das Ziel, von wo es ins Krankenhau­s ging. Ob Majka weiterfahr­en kann, ist ungewiss. Buchmann ist nun bei Bora-hansgrohe der Mann fürs Gesamtklas­sement.

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Ärzte versorgen den gestürzten Richie Porte auf der Abfahrt vom Mont du Chat.

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