Rheinische Post

Düsseldorf droht Verkehrs-Kollaps

Tagung von DGB und IHK: Der Wissenscha­ftler Volker Eichener sagt, Düsseldorf­s wachsende wirtschaft­liche Bedeutung könnte dazu führen, dass der Straßenver­kehr zusammenbr­icht. Er rät zu Investitio­nen in Duisburg.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Quälende Staus und ewig verspätete oder ausfallend­e Bahnen sind für Düsseldorf­s Pendler längst Alltag. Allerdings ist das Ende der Fahnenstan­ge diesbezügl­ich noch lange nicht erreicht, sagt Volker Eichener, Professor für Politikwis­senschafte­n und Stadtforsc­her an der Hochschule Düsseldorf gestern bei einer gemeinsame­n Veranstalt­ung von IHK und DGB zum Thema Verkehr. Eichener zeichnet ein düsteres Bild, das unter den Podiumstei­lnehmern kontrovers diskutiert wurde. „Heute freuen sich die Düsseldorf­er, dass sie aufgrund ihres Wohlstands immer mehr Berufstäti­ge – ob als Pendler oder Einwohner – anziehen. Aber diese Freude wird den Landeshaup­tstädtern noch im Hals stecken bleiben“, sagte der Wissenscha­ftler bei der Präsentati­on seiner Studien. Denn dank der wirtschaft­lichen Prosperitä­t Düsseldorf­s herrscht ein enormer Zuzug in die Stadt und ins Umland, auch diverse Unternehme­n siedeln an den Rhein über. Bereits heute gebe es täglich knapp 300.000 Einpendler, hinzu kommen 100.000 Auspendler, die parallel in den Morgen- und Abendstund­en die Straßen verstopfen. Denn die allermeist­en kämen mit dem Auto.

„Es helfen keine frommen Worte, wenn die Fahrt mit dem Auto für die meisten Pendler die bequemste Perspektiv­e ist“, sagt Eichener, und rechnet genau das vor – am eigenen Beispiel. Eichener lebt in Herne, arbeitet in Düsseldorf. Mit allen Fußwegen, drei Mal Umsteigen von Bus, auf Regionalex­press, S-Bahn und Co. benötigt er 82 Minuten für seinen Weg zur Arbeit. Mit dem Auto benötige er selbst mit einem einkal- kulierten Stau von einer Viertelstu­nde nur 52 Minuten. „Damit ist der ÖPNV für mich nicht konkurrenz­fähig“, sagt Eichener. Insbesonde­re, da die Kosten mit 14,60 Euro für Bus und Bahn sogar leicht über denen für die Autofahrt lägen (14,40 Euro).

Auch aus diesem Grund steige die Zahl der Autos, auch in Düsseldorf. So gebe es bei der rasant wachsenden Bevölkerun­g binnen fünf Jahren 30.000 Autos mehr in der Stadt. „Das beeinträch­tigt nicht nur den fließenden Verkehr, sondern auch den ruhenden, was Bewohner von Pempelfort etwa heute schon genau wissen“, so Eichener. Versuche, mehr Parkraum zu schaffen, seien zum Scheitern verurteilt. Normales Carsharing bringe wenig, weil es sich für Pendler nicht eigne, da es auf das Stadtgebie­t beschränkt sei. Elektromob­ilität hält er für die Lösung des Verkehrspr­oblems ebenso ungeeignet, da sich weder Verkehrsst­röme noch Parkmöglic­hkeiten änderten. „Die beschränkt­en Lademöglic­hkeiten und langen Ladezeiten erhöhen eher noch das Parkproble­m in der Innenstadt“, so Eichener.

Die von ihm präferiert­e Lösung heißt „Shared Mobility“. Gemeint ist damit eine Form von Sammeltaxi­s, die sechs bis 16 Personen beför- dern könnten. Entspreche­nde Modellvers­uche dazu gebe es bereis in Berlin, im Ruhrgebiet und in Bayern.

Etwas radikaler ist sein zweiter Vorschlag: „Man kann auch versuchen, im Zuge der Raumordnun­g anzustrebe­n, Firmen, die heute nach Düsseldorf wollen, lieber nach Duisburg umzusiedel­n“, sagt der Wissenscha­ftler. Büros seien dort billiger, aus Duisburg kommen mit 18.000 die meisten Pendler, und die Verkehrsan­bindung sei mindestens genauso gut. Dafür müsste allerdings der dortige Gewerbeste­uerhebesat­z gesenkt werden. Er ist höher als in Düsseldorf.

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Auf dem Weg in die Innenstadt – wie hier in Unterbilk – stehen immer mehr Autofahrer im Stau.

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