REISE&ERHOLUNG
cours, der eine Art Spirale bildet. Die Ursprünge dieser Tradition sind bis heute rätselhaft. Dennoch ist es eines der weit verbreiteten Rituale und das ganze Jahr über auf zahlreichen religiösen Feierlichkeiten zu beobachten.
Die Prozession zieht an zahlreichen Verkaufsständen mit diversen korsischen Spezialitäten vorbei, wie dem butterweichen Schinken Prisutu, der luftgetrockneten Lonzu, ei- ner Wurst aus halbwilden Schweinen, und dem Calenzana, einem milchigen Ziegenkäse mit pikantem Aroma.
Aus der korsischen Küche nicht mehr wegzudenken ist der weiche Frischkäse Brocciu, Frischkäse aus Ziegen- oder Schafsmilch. Die Bauern und Händler in Casamaccioli verkaufen ihn in allen Formen und Varianten, denn man kann ihn zu jeder Mahlzeit servieren: morgens als Brotaufstrich, mittags oder abends im Omelette und nachmittags in jedem Fiadone (Käsekuchen). Am besten sei der Brocciu zwischen Ostern und Allerheiligen, sagen die Menschen von der Insel. Denn durch die jungen Gräser und Kräuter, die die Tiere zu dieser Zeit fressen, bekomme die Milch ein besonders würziges Aroma.
Apropos Aroma: Die Korsen würzen gern und reichlich. Die
Neben Weizen und Mais sind rund 500 Kastanien für eine Flasche Pietra Mavela nötig, erfährt man bei einem Besuch der Domaine Mavela bei Aléria an der Ostküste. Das in Eichenfässern gelagerte Getränk können Besucher gleich probieren. Ob nun der amerikanische, schottische oder korsische Whisky besser schmeckt, darüber streiten die Puristen.
Die A Santa di u Niolu ist ein Schnellkurs in korsischer Kultur. Die Insel liegt nur rund 180 Kilometer vom Mutterland entfernt, dennoch ist sie vom französischen Festland weit entfernt. Nirgendwo in Frankreich, wo seit 1905 Laizismus herrscht, sind religiöse Bräuche so lebendig wie dort. Vor allem aber spricht man hier Korsisch, das nicht nur die Älteren beherrschen.
Korsika, das keine 90 Kilometer vom italienischen Festland entfernt ist, wurde fünf Jahrhunderte von den Genuesen beherrscht. Spuren davon sind auch in der korsischen Küche zu finden, die Französisches mit Italienischem mischt. Und das recht meisterhaft. Ihre Nudelgerichte stehen der Pasta im Stiefelland in nichts nach.
Am späten Nachmittag ist es Zeit, Casamaccioli zu verlassen. Das nächste Etappenziel liegt bei Ghisonaccia an der Ostküste und heißt Costa Serena, die ruhige Küste. Dort warten endlos lange Sandstrände – und ein kühles Glas Patrimonio. Der Wein gilt als der edelste Tropfen der Insel. Er wird vorwiegend aus der Rebsorte Nielluccio gewonnen, Trauben die im Mutterland nicht wachsen. Korsika ist eine Welt für sich.