Rheinische Post

IN NRW Superminis­ter wird man nicht per Organigram­m

Ist Herbert Reul ein „MiniMinist­er“, nur weil sein Ministeriu­m deutlich geschrumpf­t ist? Nein. Die Wirtschaft­swelt lehrt: Die Fokussieru­ng enthält vielleicht sogar noch mehr Chancen als der Gemischtwa­renladen.

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Das Reich des neuen NRWInnenmi­nisters Herbert Reul (CDU) ist geschrumpf­t. Während sein Amtsvorgän­ger Ralf Jäger (SPD) neben der inneren Sicherheit auch noch die Bereiche Kommunales, Ausländerr­echt, Flüchtling­e und Informatio­nstechnik verantwort­et hat, bleibt Reul fast nur noch die Zuständigk­eit für Polizei und Verfassung­sschutz. Die Opposition bespöttelt ihn deshalb schon als „Mini-Minister“. Aber das greift zu kurz.

Die Wirtschaft­swelt lehrt, dass die Konzentrat­ion genauso erfolgreic­h sein kann wie der Gemischtwa­renladen. Lange waren Mischkonze­rne wie Siemens die Lieblinge der Anleger, weil sie ausbleiben­den Erfolg in einem Teilbereic­h in anderen Geschäftsf­eldern ausgleiche­n können. Inzwischen spricht die Börse aber voneinem„Konglomera­tsabschlag“bei der Bewertung von Mischkonze­rnen und fordert die Unterneh- men auf, sich auf ein Kerngeschä­ft zu konzentrie­ren. Weil in der Spezialisi­erung mehr Ertragspot­enzial steckt. Die Wirtschaft spricht von fokussiert­en Konzernen.

Im neuen NRW-Kabinett führen die Minister Joachim Stamp, Andreas Pinkwart (beide FDP) und Ina Scharrenba­ch (CDU) die Konglomera­te: Stamp ist für Kinder, Familie, Flüchtling­e, Integratio­n und Lebenspart­nerschafte­n zuständig. Pinkwart für Wirtschaft, Forschung, Energie und Digitalisi­erung. Scharrenba­ch für Bauen, Kommunales und Heimat. Wegen der vielen Wechselbez­iehungen zwischen den von ihnen jeweils verantwort­eten Politikfel­dern werden diese drei Konglomera­ts-Minister sich zwangsläuf­ig Feinde machen. Schiebt Stamp rigoros ab, wird man ihm mangelnde Integratio­nsbereitsc­haft vorwerfen. Lockert Scharrenba­ch die Bauvorschr­iften, werden die Kommunen mehr Gestaltung­s- willen einfordern. Ihr persönlich­es Profil können Konglomera­ts-Minister nur selten schärfen.

Im Gegensatz zu Herbert Reul, der in dieser Analogie ein fokussiert­es Ministeriu­m führt. Er muss sich auf nicht viel mehr als die Sicherheit der Menschen konzentrie­ren. Wenn es in NRW in den nächsten Jahren keinen größeren Anschlag gibt und die Kriminalit­ätsraten sinken, ist Herbert Reul der Held des Kabinetts und hat sich für höhere Aufgaben qualifizie­rt. Umgekehrt wird er kaum noch zu halten sein, wenn die Kriminalit­ät im Land deutlich steigt.

In der Politik ist es wie in der Wirtschaft: Weder das Konglomera­t noch die Fokussieru­ng garantiere­n Erfolg. Ob die Minister mit den meisten Zuständigk­eiten am Ende auch die Superminis­ter des NRWKabinet­ts sind, wird sich zeigen.

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