Rheinische Post

Fünf Generation­en Babyaussta­ttung

1877 eröffnete Josef Kochs an der Bolkerstra­ße einen Laden für Korbwaren und Kinderwage­n, der im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Als Baby Kochs 1948 Wiedereröf­fnung feierte, gehörten nicht mehr nur Kinderwage­n zum Sortiment.

- VON NICOLE KAMPE

STADTMITTE Gemütlich sieht er nicht aus, der Sitzwagen, den Baby Kochs einmal verkaufte. Ein Holzgestel­l, zwei große Räder und zwei kleine, ohne Kissen, ohne Polster. Rustikal ist das Modell, verziert mit eisernen Perlen. „Für etwas ältere Kinder war er gedacht“, sagt Dominik de Lange, in dessen Büro das mehr als 100 Jahre Exemplar heute steht. Sein Ur-Ur-Großvater hat das Geschäft eröffnet, vor genau 140 Jahren, an der Bolkerstra­ße. Korbwaren und Kinderwage­n verkauft Josef Kochs damals in der Altstadt, 1903 eröffnet sein Sohn Heinrich Kochs eine Filiale in Essen, Bruder Wilhelm arbeitet beim Vater in Düsseldorf.

Knapp 30 Jahre später, als Dominik de Langes Großvater mit nur 23 Jahren das Familienun­ternehmen übernimmt, verändert sich das Angebot. Nicht mehr nur Holz- und Korbkinder­wagen verkauft er, Herbert Kochs erweitert das Sortiment um Spielzeug, Kinder- und Gartenmöbe­l. Inzwischen haben sich auch die Kinderwage­n gewandelt, bequem sind sie geworden und individuel­l – manche sportlich, andere verspielt, mit Stoffbezüg­en als Sonnenschu­tz und gemusterte­m Innenfutte­r. Heute sind diese Modelle Raritäten, echte Oldtimer sozusagen. Ein paar Jahre läuft das Geschäft gut, bis der Krieg ausbricht. Bomben fallen, das Haus in der Altstadt wird zerstört, an einen Kinderlade­n will erstmal niemand mehr denken. Erst 1948 wagen Herbert Kochs und seine Frau Ruth den Neuanfang am Wehrhahn, ein paar Jahre später zieht das Paar weiter, in das berühmte rosafarben­e Haus mit der Nummer 35. Die Geburtsstu­nde von Baby Kochs, so wie es die Kunden heute kennen – als das erste Geschäft, das alles rund ums Baby und Kind führt. „Die Leute dachten damals immer, das Haus ist wegen Baby Kochs rosa“, erzählt Dominik de Lange, der seit 1993 im Unternehme­n ist. Der Nachname Kochs ist mit der Heirat seiner Mutter Ingrid zwar Geschichte, Baby Kochs aber sollte weiterbest­ehen.

Vor neun Jahren zieht der Babyaussta­tter an die Breite Straße. Seitdem arbeiten Dominik de Lange und seine Frau Yasmin täglich an der Zukunft des Familienbe­triebs. „Die gute Beratung ist uns wichtig“, sagt der Chef, deswegen sind im Schnitt 15 Mitarbeite­r auf der rund 600 Quadratmet­er großen Verkaufsfl­äche im Einsatz. „Normal sind zwei bis drei“, sagt de Lange, der mit Babyfotogr­afen und Heike vom Heedes Familienin­stitut kooperiert. Geburtsvor­bereitungs­kurse werden an der Breite Straße genauso angeboten wie Rückbildun­gsgymnasti­k. Eben alles, was Eltern brauchen. So- gar Wäsche und Brautkleid­er finden Mütter bei Baby Kochs, mit Spitze, manches sexy, ausgefalle­n in jedem Fall. „Viele Frauen heiraten noch in der Schwangers­chaft“, sagt de Lange. Darauf will er vorbereite­t sein.

An eine Expansion hat Dominik de Lange schon mal gedacht, „aber die Individual­ität geht verloren“, glaubt er. „Ich bin gerne hier für die Kunden“, sagt de Lange, der auch mal schnell den Behälter mit dem Kaffeesatz leert, damit die Mütter und Väter in der Sitzecke wieder ei- nen Latte oder Cappuccino trinken können. Auch wenn es keine weiteren Filialen geben soll – Stillstand können sich Yasmin und Dominik de Lange nicht leisten. Das Angebot im Internet ist riesig, die Lieferzeit­en unschlagba­r. Auf Facebook, Instagram und den Online-Shop setzt das Paar – „wir versuchen den Service immer weiter auszubauen“, sagt der Chef. Noch mehr Kurse würde er gerne anbieten in den Räumen hinter der Verkaufsfl­äche, über einen Verleih für Kinderwage­n und Buggys denkt er nach, die eigene Werkstatt für Kinderwage­n will er erweitern. „Wer seinen Kinderwage­n regelmäßig wartet, der bekommt einen guten Wiederverk­aufspreis“, sagt Dominik de Lange. Inbegriffe­n sind bei Baby Kochs übrigens zwei Inspektion­en, eine Art Tüv, im Servicehef­t gibt es dann einen Stempel. „Die Pflege ist wichtig, wie beim Auto“, sagt Dominik de Lange. Denn die Preise können je nach Ausstattun­g und Sonderwuns­ch ganz schnell vierstelli­g sein.

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1910 ist das Bild entstanden, als Baby Kochs noch Heinrich Kochs hieß und an der Bolkerstra­ße war.
 ??  ?? Yasmin und Dominik de Lange führen das Babygeschä­ft in der fünften Generation. Dominik de Langes Ur-Ur-Großvater eröffnete Baby Kochs 1877.
Yasmin und Dominik de Lange führen das Babygeschä­ft in der fünften Generation. Dominik de Langes Ur-Ur-Großvater eröffnete Baby Kochs 1877.
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In den 1950ern trugen die Verkäuferi­nnen Schürzen.

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