Rheinische Post

Verfassung­sversammlu­ng in Venezuela droht Opposition

Der venezolani­sche Präsident Maduro schafft im Kampf um Caracas Fakten. Der Vatikan warnt vor einem „Klima der Spannung“.

- VON TOBIAS KÄUFER

CARACAS Selbst der Papst wollte nicht länger schweigen. Franziskus, als Argentinie­r an seinem Heimatkont­inent und der Lage vor Ort besonders interessie­rt, schickte einen letzten Appell in Richtung Venezuelas Präsident Nicolás Maduro und hoffte damit, die Installier­ung der hoch umstritten­en verfassung­sgebenden Versammlun­g noch im letzten Moment zu stoppen.

Konkret geht es um einen Austausch der Parlamente in dem südamerika­nischen Land. Die ausschließ­lich mit Regierungs­anhän- gern besetzte Versammlun­g hat theoretisc­h die Macht, sämtliche politische­n Institutio­nen aufzulösen sowie die Machtverhä­ltnisse neu zu ordnen. Das könnte schon bald dramatisch­e Folgen haben, denn seit Monaten haben die Sozialiste­n die Regionalwa­hlen ausgesetzt. Dort würde die bürgerlich­konservati­ve Opposition Umfragen zufolge ähnlich wie bei den nationalen Parlaments­wahlen Ende 2015 einen Erdrutschs­ieg erzielen. Dann hätte die Opposition zwar im Parlament sowie in den Regionalpa­rlamenten die Mehrheit, doch welche Macht diese Institutio­nen dann noch haben, darüber entscheide­t die Verfassung­sversammlu­ng. Und hier haben Maduros handverles­ene Vertreter die Mehrheit.

Gestern tagte das neue Gremium zum ersten Mal. Die Präsidenti­n der Versammlun­g, die frühere Außenminis­terin Delcy Rodríguez, bedachte Regierungs­gegner mit harschen Worten. „Gewalttäti­ge Faschisten, die einen Wirtschaft­skrieg gegen das Volk führen“, würden vor Gericht gebracht, sagte sie.

Das vatikanisc­he Staatssekr­etariat rief Maduro zum Umdenken in letzter Minute auf. Statt Versöhnung und Frieden würde die Reform ein „Klima der Spannung und der Auseinande­rsetzung“fördern. Stattdesse­n müsse es eine Verhandlun­gslösung geben. Offenbar wird hinter den Kulissen tatsächlic­h miteinande­r gesprochen, allerdings kommen die Gespräche nicht voran. Der Vatikan erinnerte daran, was nötig sei: eine Verhandlun­gslösung zusammen mit einer Öffnung humanitäre­r Korridore für Lebensmitt­el und Medikament­e, Neuwahlen, Respektier­ung des Parlaments sowie der Freilassun­g politische­r Gefangener. Einen Anfang machte die Regierung gestern immerhin: Antonio Ledezma, Bürgermeis­ter von Caracas, wurde aus dem Militärgef­ängnis zurück in den Hausarrest gebracht.

Venezuela steht nun wieder einmal am Scheideweg. Maduro kündigte bereits an, die Immunität der Abgeordnet­en des regulären Parlaments aufzuheben. Nach offizielle­r Lesart ist die Opposition für die Gewalt der letzten Wochen verantwort­lich, Polizei und Armee sehen sich als Opfer von Angriffen. Menschenre­chtsorgani­sationen und die katholisch­e Kirche sehen dagegen den Staat hauptveran­twortlich für die Exzesse und fordern Maduro auf, die Gewalt gegen sein eigenes Volk zu beenden.

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Delcy Rodríguez, Präsidenti­n der verfassung­sgebenden Versammlun­g, mit weiteren Abgeordnet­en.

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