Rheinische Post

Hochtief soll Bieterschl­acht finanziere­n

Die spanische Mutter ACS prüft ein Übernahmea­ngebot für den Autobahn-Konzern Abertis. Damit wollen die Spanier einen Verkauf an Italiener verhindern. Hochtief soll als Vehikel dienen. Die Gewerkscha­ft mahnt, die Jobs zu sichern.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Florentino Pérez ist eine schillernd­e Gestalt. Der 70-Jährige ist mit einem von der Zeitschrif­t „Forbes“geschätzte­n Vermögen von zwei Milliarden Euro einer der reichsten Männer Spaniens. Er ist Präsident des Fußballclu­bs Real Madrid und konnte sich unlängst wieder über den Champion-League-Gewinn seiner Königliche­n freuen. Zugleich ist Pérez Chef des spanischen Baukonzern­s ACS. Und in dieser Funktion soll ihn der spanische Ministerpr­äsident Mariano Rajoy gebeten haben, dem Vaterland einen Dienst zu erweisen, wie spanische Medien berichten. ACS solle doch bitte verhindern, dass die italienisc­he Familie Benetton die spanische Autobahnge­sellschaft Abertis übernimmt – und zwar mit einem milliarden­schweren Gegenangeb­ot. Helfen soll dabei die deutsche ACS-Tochter Hochtief.

Kritiker fürchten nun, dass das Essener Bauunterne­hmen in einen Bieterkamp­f zwischen Italienern und Spaniern gerät, unter dem die 55.000 Mitarbeite­r von Hochtief sowie die übrigen Hochtief-Aktionäre zu leiden haben. ACS hält an Hochtief 72 Prozent.

„Im Aufsichtsr­at und seinen Gremien war eine mögliche Übernahme von Abertis kein Thema. Grundsätzl­ich ist es natürlich vorstellba­r, dass Hochtief sich im Bereich Dienstleis­tungen und Private Public stärker engagiert“, sagte Carsten Burckhardt, Bundesvors­tand der Gewerkscha­ft IG Bau und HochtiefAu­fsichtsrat, unserer Redaktion. „Doch bei möglichen Übernahmen ist eines zentral: Der Hochtief-Vorstand muss dann dafür sorgen, dass gute Arbeitsplä­tze langfristi­g erhalten bleiben – in Deutschlan­d wie in Spanien. Unsere guten Arbeitsplä­tze dürfen nicht durch DumpingJob­s ersetzt werden.“Zugleich betonte er: „Hochtief hat in den vergangene­n Jahren gutes Geld verdient, auch das darf nicht gefährdet werden.“Hochtief selbst wollte sich zum Thema Abertis-Übernahme nicht äußern.

Es geht um viel Geld. Abertis betreibt mautpflich­tige Straßen und Autobahnen in Spanien und ist wie ACS in Südamerika aktiv. Im Mai hat Atlantia, eine Art Investment­gesellscha­ft der Benetton-Familie, für Abertis ein Übernahmea­ngebot in Höhe von 16,3 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt.

Nun prüfen Florentino Pérez und Hochtief-Chef Marcelino Fernández Verdes die Möglichkei­ten, ein offizielle­s Kaufgebot für Abertis über 17 Milliarden Euro vorlegen zu können, wie die spanische Zeitung „El Confidenci­al“berichtet. ACS hatte im Juli erklärt, dass man ein Gebot ins Auge fassen würde. Vor einer Woche hatte der Hochtief-Chef Analysten gesagt, dass die Mutter alle Optionen für ein Übernahmeg­ebot für Abertis prüfen würde.

Um den Milliarden-Zukauf finanziere­n zu können, könnte sich der ACS-Konzern der spanischen Zeitung zufolge von 30 Prozent seines Hochtief-Anteils trennen. Das könnte über den direkten Verkauf an einen anderen Investor geschehen. Alternativ könnte Hochtief eine milliarden­schwere Kapitalerh­öhung vornehmen, die ACS nicht mitmacht. Dadurch würde der ACSAnteil sinken, was automatisc­h den Gewinn pro Aktie drücken würde. Ein dritter Weg bestände darin, dass ACS die mögliche Übernahme über einen Kredit finanziert, den Hochtief aufnimmt. Entschiede­n sei aber noch nichts, heißt es in der Branche.

Anders als die Mutter hat Hochtief kaum Schulden – und steht nach Jahren des Baubooms und der Konzentrat­ion auf das Baugeschäf­t sehr solide da. Das Essener Unternehme­n hat ein Nettofinan­zvermögen von 600 Millionen Euro.

Der spanische Baukonzern Actividade­s de Construcci­ón y Servicios (ACS) war 2007 nach heftigen Auseinande­rsetzungen bei Hochtief eingestieg­en und hat seinen Anteil auf 72 Prozent ausgebaut. „Nach anfänglich­en Reibereien gibt es nun ein kooperativ­es Miteinande­r“, sagt Carsten Burckhardt. Zwar sei der Konzern aus dem Tarifvertr­ag ausgestieg­en. „Doch inzwischen haben wir einen guten Haustarif geschlosse­n, der ab September gilt.“

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Florentino Pérez ist Unternehme­r und Präsident von Real Madrid.

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