Rheinische Post

Blühende Landschaft­en?

Ob aus Helmut Kohls Verspreche­n an die frühere DDR etwas wurde, zeigt eine Reportage aus Bitterfeld.

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN (dpa) Zu DDR-Zeiten galt Bitterfeld als schmutzigs­te Stadt Europas. Es war ein trister, aber doch ein Vorzeigeor­t der DDR-Film- und Fotoindust­rie und einiger ChemieKomb­inate. Was sich seitdem verändert hat, zeigt die Reportage „Bitterfeld-Wolfen vom Chemie-Moloch zur grünen Oase“, die heute im ZDF als Teil der Reihe „Mein Land, dein Land“zu sehen ist.

Vor der Wende war Bitterfeld kein schöner Ort zum Leben und Arbeiten – und direkt nach der Wende auch nicht. Da kam der völlige Einbruch: Viele Fabriken wurden geschlosse­n, Arbeitsplä­tze gingen verloren, die Bevölkerun­g schrumpfte von 30.000 Einwohner auf 15.000. Ein Drittel davon wählte bei der vergangene­n Landtagswa­hl die AfD – und das, obwohl die Arbeitslos­igkeit binnen 20 Jahren von 27 Prozent auf 7,7 Prozent deutlich gesunken ist.

Aber was sagen solche Zahlen schon? So brachte das neue „SolarValle­y“nicht den erhofften Erfolg, weil die Konkurrenz aus China einfach günstiger produziert­e. Im umgebauten Chemiepark – so heißt er heute– jedoch stellen große Pharmakonz­erne ihre Medikament­e her, und auch die modernsten Glasfaserk­abel der Welt werden dort gefertigt. In der Innenstadt gibt es außer einigen Discounter­n nicht viel zu sehen. Immerhin ist der GoitzscheS­ee zu einem ganz hübschen Naherholun­gsgebiet umgebaut worden, aber nur dank eines umstritten­en Geschäftes mit privaten Investoren.

Die ZDF-Reporter Micha Hawich und Michael Beck haben über mehrere Wochen hinweg verschiede­ne Seiten der Stadt dokumentie­rt. Dabei greifen sie auf Archivmate­rial und Erinnerung­s-O-Töne von Protagonis­ten zurück, die zu DDR-Zeiten in Bitterfeld gelebt und gearbeitet haben. „Wir sind auf Brisantes gestoßen, wie den Verkauf eines Naherholun­gsgebietes zu einem Schleuderp­reis“, sagten die Autoren. „Aber wenn man solchen Dingen auf den Grund geht und Halbwissen mit Fakten konfrontie­rt, relativier­t sich manchmal die Brisanz.“

Und so fällt das Fazit der Reportage eher gemischt aus: Von durchweg blühenden Landschaft­en spricht keiner – nach ihren Recherchen würden die Autoren dennoch sagen, dass sich Bitterfeld-Wolfen im Vergleich zur Wendezeit zum Positiven verändert hat. Das komme aber immer auf die Perspektiv­e an: Auch wenn es einer Reihe von großen und mittelstän­dischen Unternehme­n hier sehr gut gehe, helfe das dem ehemaligen Chemiearbe­iter nicht weiter. Die Frage, ob sich nach der Wende das Meiste zum Positiven verändert hat, würde dieser wohl eher mit Nein beantworte­n.

 ??  ?? Blick über die einstige Industries­tadt Bitterfeld, aufgenomme­n im Jahr 2006. Eine ZDF-Reportage möchte die Frage beantworte­n, ob sich seit der Wende dort etwas zum Positiven verändert hat.
Blick über die einstige Industries­tadt Bitterfeld, aufgenomme­n im Jahr 2006. Eine ZDF-Reportage möchte die Frage beantworte­n, ob sich seit der Wende dort etwas zum Positiven verändert hat.

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