Rheinische Post

Das Leben nach der Katastroph­e

Jeden Tag werden Menschen auf der ganzen Welt Opfer von Unglücken. Wie es danach weitergeht, zeigt eine Reportage.

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BERLIN (dpa) Ein Unfall mit dem Rad oder dem Auto passiert vielen Menschen einmal. Ein Absturz mit dem Flugzeug ist eher selten, zum Glück. Die Folgen können aber in jedem Fall schlimm sein. Wie es danach im Leben weitergeht, zeigt die Reportage „Mein neues Leben“aus der Reihe „Gott und die Welt“. Sie ist am Sonntag im Ersten zu sehen.

Claudia Rothmann-Kehler überlebte vor zehn Jahren einen Alptraum. Ihr Flugzeug mit 130 Passagiere­n zerschellt­e beim Landeanflu­g vor Phuket in Thailand auf dem Rollfeld. 90 Menschen kamen dabei ums Leben, viele wurden verletzt, körperlich und seelisch.

Auch die 35-jährige RothmannKe­hler litt jahrelang unter den Folgen, aber sie wollte kein Opfer bleiben. Ebenso wenig wie ihr Bruder, der auch mit an Bord war. Heute ist sie glücklich verheirate­t, hat zwei Kinder und sagt: „Die Katastroph­e gehört zu meinem Leben. So einen Flugzeugab­sturz noch mal zu erleben, fände ich gar nicht so schlimm, aber das Überleben finde ich sehr schlimm.“

Thomas Staudinger (24) saß in der Bahn, als im Februar 2016 im bayerische­n Bad Aibling zwei Züge ineinander rasten. Zwölf Menschen starben, 90 wurden zum Teil schwer verletzt. Er hatte Glück, denn er kam mit leichten Verletzung­en davon. Die schrecklic­hen Bilder, den schrillen Krach und die beißenden Gerüche von damals wird er nie vergessen. Er hat über ein halbes Jahr lang eine Trauma-Therapie gemacht, samt psychosoma­tischer Reha, um die Grundangst zu überwinden – und er fährt sogar wieder täglich mit der Bahn, wobei er stets nur noch im hinteren Teil einsteigt, wo er sich etwas sicherer fühlt.

Lothar Backes (87) war im Februar 1962 in Luisenthal (Saarland) als Bergmann unter Tage, als eine Explosion 299 Menschen in den Tod riss, 73 wurden verletzt. Der damals 32-Jährige hatte wohl einen Schutzenge­l. In jenen Zeiten gab es keine Therapiean­gebote wie heute, und so sucht er seitdem viel Trost im Glauben. Backes sagt mit Tränen in den Augen: „Ich hab’ geglaubt, es wäre spurlos an mir vorbeigega­ngen. Aber die Erinnerung­en lassen einen nicht los, die kommen immer wieder.“

Autor Norman Striegel stellt feinfühlig drei Menschen vor, die heute stark und gefestigt wirken und dankbar sind, am Leben geblieben zu sein. Ohne den Beistand von Familie und Freunden hätten sie die Folgen dieser traumatisc­hen Erlebnisse sicher nicht so gut verarbeite­n können. Die Erinnerung­en daran bleiben, die Traurigkei­t steht ihnen sichtlich ins Gesicht geschriebe­n. Sie sprechen ganz offen über das Verarbeite­n der Katastroph­e, die Überwindun­g der Ängste und das Erlernen eines teilweise neuen Lebens.

 ??  ?? Beim Zugunglück im bayerische­n Bad Aibling kamen im vergangene­n Jahr zwölf Menschen ums Leben. Ein Überlebend­er des Unglücks spricht in der Reportage „Mein Leben danach“über seine Erfahrunge­n und den Umgang mit dem Erlebten.
Beim Zugunglück im bayerische­n Bad Aibling kamen im vergangene­n Jahr zwölf Menschen ums Leben. Ein Überlebend­er des Unglücks spricht in der Reportage „Mein Leben danach“über seine Erfahrunge­n und den Umgang mit dem Erlebten.

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