Rheinische Post

So führen Autoaufbre­cher Buch über ihre Beute

Die Notizen auf einem sogenannte­n Bunkerzett­el führten Experten des Kfz-Kommissari­ats zu einem Versteck im Zoopark. Dort lagerten Bauteile, die Anfang der Woche aus BMWs gestohlen wurden.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Sein hartnäckig­es Schweigen hat einem 19-jährigen Litauer, gegen den schon 25 Mal ermittelt wurde, diesmal nichts genützt. Innerhalb weniger Stunden trugen die Spezialist­en des Kfz-Kommissari­ats 33 und Beamte der Einsatztru­pps Nord und Süd genug Beweise gegen ihn zusammen, um am Mittwoch einen Haftbefehl gegen ihn zu erlassen.

Im Süden hatten Polizisten den jungen Mann in der Nacht zum Dienstag und seinen Begleiter kontrollie­ren wollen, weil die beiden auf unbeleucht­eten Fahrrädern unterwegs waren. Doch die versuchten sofort zu flüchten, was allerdings nur einem gelang. Der 19-Jährige wurde festgenomm­en, und was er in den Taschen hatte, machte die Poli- zisten sofort hellhörig: Zangen, Schraubend­reher, Ratschen, Taschenlam­pe. Handschuhe und ein grauer Müllsack, dazu ein merkwürdig­er Zettel und ein litauische­r Pass.

Das ist die Grundausst­attung von Autoaufbre­chern, vor allem jenen, die in organisier­ten Banden aus Litauen nach Deutschlan­d kommen, um hier gezielt und auf Bestellung Elektronik­teile aus bestimmten Fahrzeugen auszubauen. Seit einigen Jahren haben die Täter vor allem BMW-Modelle im Visier.

Die Süd-Beamten schalteten sofort das Kfz-Kommissari­at ein. Jens Küper und seinen Kollegen war der Festgenomm­ene nicht unbekannt: 25 Mal war er in den vergangene­n zwei Jahren in NRW schon in Verdacht geraten, voriges Jahr erstmals wegen Autoaufbrü­chen zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Entlassung­sschreiben der JVA hatte er noch bei sich, aber „uns hat vor allem der andere Zettel interessie­rt“, sagt Küper.

Dass die litauische­n Banden ihre Beute oft in Wäldern oder Grünanlage­n bunkern und darüber Buch führen, ist bekannt. „Aber oft bekommen wir solche Bunkerzett­el oder Schatzkart­en nicht zu Gesicht“, sagt Küper. Die für Uneingewei­hte unscheinba­re Notiz verriet den Fahndern die Adresse des Bunkers an der Mathildens­traße und auch seinen Inhalt: Ein Lenkrad und zwei Navis – weitere Beutestück­e waren laut „Buchführun­g“bereits entnommen worden.

Der Zettel belegt, was deutsche Fahnder auch aus früheren Vernehmung­en wissen: Die Automarder aus dem Baltikum sind zwar darauf trainiert, in Blitzgesch­windigkeit hochwertig­e Bauteile unbeschädi­gt aus Fahrzeugen auszubauen (das wird häufig auf Schrottplä­tzen geübt), aber Lesen und Schreiben können die meisten nicht, arbeiten deshalb mit Zeichnunge­n.

Während die Kfz-Ermittler den festgenomm­enen 19-Jährigen befragten, der ihnen keine Antworten gab, durchsucht­e der Einsatztru­pp Nord den Zoopark gegenüber der auf dem Zettel angegebene­n Häuserreih­e. „Es musste schnell gehen, denn am Mittwochab­end hätten wir ohne weitere Beweise den Verdächtig­en aus dem Gewahrsam entlassen müssen“, sagt Küper. Knapp zwei Stunden lang durchsucht­en die Beamten die überwucher­ten und abgelegene­n Bereiche unter Bäumen und Hecken, wurden schließlic­h an der Ecke Mathilden-/ Faunastraß­e fündig. Im Unterholz unter einem Baum lag, notdürftig mit Laub bedeckt, ein grauer Müllsack mit einem Lenkrad und zwei Navis, die Anfang der Woche aus zwei BMWs in der Nachbarsch­aft gestohlen worden waren.

Auch eine dritte Tat wurde geklärt: Das Portemonna­ie mit 23 Euro in kleinen Münzen und zwei Flaschen Parfüm, von denen der 19-Jährige behauptet hatte, ein Freund habe sie ihm geschenkt, gehören einem Kellner, dessen Auto in Hassels aufgebroch­en worden war.

Die Ermittlung­en zu Komplizen und Hintermänn­ern des 19-Jährigen dauern an, auch die Frage, an wen die bereits aus dem Depot geholte Beute weitergege­ben wird, will die Kripo noch klären.

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Jens Küper im fast zugewachse­nen Versteck, wo die Beute in einem Müllsack deponiert war.

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