Rheinische Post

Diebesband­en machen Krankenhäu­ser unsicher

Die Zahl der Delikte in NRW-Kliniken stieg seit 2011 um fast ein Drittel. Gestohlen werden Wertsachen und Handys. Bisweilen nutzen die Täter die Krankenhau­szeit der Patienten für Einbrüche in deren Wohnungen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Patienten werden in nordrhein-westfälisc­hen Krankenhäu­sern immer häufiger Opfer von Diebstähle­n. Nach Angaben des Landeskrim­inalamtes (LKA) stieg die Zahl der Delikte seit 2011 von 4715 um rund 30 Prozent auf 6651 im Jahr 2015. Zahlen aus dem vergangene­n Jahr liegen noch nicht vor, weil die Auswertung noch nicht abgeschlos­sen ist. Experten gehen aber davon aus, dass die Zahl der Delikte vermutlich weiter angestiege­n sein wird. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziff­er. „Viele Betroffene erstatten keine Anzeige oder merken gar nicht, dass ihnen etwas fehlt“, so ein Polizeispr­echer.

Gestohlen werden vor allem Geldbörsen, Eheringe, Schmuck und Handys. So wurden in diesem Jahr in Weseler Krankenhäu­sern bereits 22 Diebstähle gemeldet, in Moerser Einrichtun­gen 21. Laut Polizei kam es allein im Juli in den beiden Städten zu 15 Vorfällen. „Wir warnen derzeit vor Dieben, die vor allem nach Operatione­n zuschlagen“, so ein Polizeispr­echer. Gerade dann seien die Patienten in einer hilflosen Lage und müssten für Untersuchu­ngen häufig ihre Zimmer verlassen. Die Wertgegens­tände blieben dann in der Regel unbeaufsic­htigt. „Diesen Moment nutzen die Diebe, um zuzuschlag­en.“Für Pflegekräf­te, Ärzte und Krankensch­western sei es nach Angaben der Polizei bei der unübersich­tlichen Zahl an Patienten und Besuchern kaum möglich, Fremde beim Diebstahl zu ertappen. Darum sei die Aufklärung­squote dieser Fälle gering.

„Wir wissen um das Problem“, sagte Lothar Kratz von der Krankenhau­sgesellsch­aft Nordrhein-Westfalen. „Viele Kliniken weisen deshalb bereits Patienten vor der Einweisung eindringli­ch daraufhin, keine Wertgegens­tände mit ins Krankenhau­s zu nehmen“, betonte Kratz. Er räumte aber ein, dass trotz der Warnungen kaum jemand frei- willig auf sein Smartphone verzichte. Vereinzelt würden Kliniken auch Sicherheit­sdienste beauftrage­n. „Aber wir können die Krankenhäu­ser nicht zu Festungen machen. Viele Patienten fühlen sich auch nicht wohl, wenn überall Security herumsteht.“

Immer mehr Kliniken statten die Patientenz­immer zudem mit Safes und abschließb­aren Schränken aus. Aber selbst das scheint die Kriminelle­n nicht abzuschrec­ken – wie ein Fall vor wenigen Tagen im Florence-Nightingal­e-Krankenhau­s in Düsseldorf-Kaiserswer­th zeigte. Dort hatte ein Täter die Abwesenhei­t einer Patientin genutzt, um einen Spind in ihrem Zimmer aufzubrech­en. Dabei wurde er zwar von einer Frau überrascht, konnte aber dennoch mit der Beute aus dem Krankenhau­s fliehen.

Manche Täter kämen laut Polizei aber auch nur zum Ausspionie­ren ins Krankenhau­s. „Sie schauen in den Zimmern nach, wer dort liegt, und besorgen sich Namen und Adressen von Patienten, von denen sie meinen, dass sie alleinsteh­end sind“, so der Polizeispr­echer. „Dann brechen sie unbehellig­t in deren Wohnungen oder Häuser ein und räumen sie leer.“

Die Masche scheint mittlerwei­le weit verbreitet zu sein. Das LKA hat deshalb ein Informatio­nsschreibe­n veröffentl­icht, in dem Patienten Prävention­stipps gegeben werden. Demnach solle man vor einem Aufenthalt in einem Krankenhau­s unter anderem dafür sorgen, dass das Haus in der Abwesenhei­t nicht verlassen aussieht. Auch sollte man keine entspreche­nde Nachricht auf dem Anrufbeant­worter zurücklass­en. Und in der Klinik sollte man laut Polizei in Anwesenhei­t Fremder möglichst nicht über private Verhältnis­se sprechen.

Die Kriminelle­n haben es aber nicht nur auf die Wertgegens­tände der Patienten abgesehen. „Osteuropäi­sche Banden stehlen wertvolle medizinisc­he Geräte“, betonte Kratz. „Man geht davon aus, dass es sich dabei um Auftragsar­beiten aus Osteuropa und dem arabischen Raum handelt.“Nach Angaben des Krankenhau­s-Versichere­rs Ecclesia seien Medizinger­äte-Diebstähle ein wachsendes Problem. Demnach wurden in NRW-Kliniken in den vergangene­n drei Jahren endoskopis­che Geräte im Wert von 6,7 Millionen Euro gestohlen. Diese Summe beziffere nur den Wert der Geräte, nicht aber den wirtschaft­lichen Schaden durch den Ausfall von Untersuchu­ngen, so der Versichere­r. Leitartike­l Seite A 2

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